SWR3 Gedanken

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Alkoholismus ist eine Krankheit. Heute vor 50 Jahren hat das Bundessozialgericht das so entschieden. Wer immer wieder Alkohol trinkt und nicht mehr ohne kann, ist krank 

Bis zu dieser Entscheidung war es ein langer Weg. Schon 1849 war der schwedische Arzt Magnus Huss davon überzeugt, dass ständiger Alkoholkonsum krankhaft ist. Aber erst  durch die Arbeiten des amerikanischen Arztes Elvin Morten Jellinek wurde 1951 der Alkoholismus von der Weltgesundheitsorganisation als Krankheit anerkannt. Und nochmal 15 Jahre später war Deutschland auch soweit. Davor galten alle Alkoholiker privat und auch vor dem Gesetz  schlicht als Trunkenbolde, die selbst schuld sind, wenn sie so viel trinken.

Selbst schuld! Bis heute werden Krankheiten gerne so erklärt. Wir Menschen ticken offenbar gerne so und brauchen jemand der Schuld hat. Der verantwortlich ist – für das Leid einer Krankheit. Anders ist es wohl schwer auszuhalten.

Jesus erklärt Krankheit nicht unbedingt so. Als nämlich einmal Menschen zu Jesus kommen und wissen wollen, warum da einer blind geboren wurde, fragen sie: Wer hat gesündigt: Er selbst oder seine Eltern? Und Jesus antwortet. Keiner von beiden hat gesündigt. Aber ich werde ihn jetzt heilen! Krankheit ist eben etwas was man selbst nicht im Griff hat.

Natürlich gibt es Verhaltensweisen, die hilfreich sind und welche, die es nicht sind. Aber Schuld ist vor allem nichts, was einem weiterhilft, wenn man krank ist.  Wenn man krank ist, dann kommt es darauf an, dass jemand da ist und gut und sachkundig hilft. Ohne Schuldzuweisung.

Und so ist es bei der Alkoholkrankheit auch. Wer nach Alkohol süchtig ist, ist krank. Und hat damit Anspruch auf medizinische Betreuung und auf eine respektvolle Behandlung durch die Gesellschaft. Gut, dass das Bundessozialgericht das vor 50 Jahren so gesehen hat. Und vor jedem, der mit dieser Krankheit lebt und trocken ist, habe ich den höchsten Respekt! 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26651
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