Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Das Wort „Heimat“ hat Konjunktur. Unser neues Heimatministerium weist ebenso darauf hin wie die Menschen, die ihre Heimat verloren haben und bei uns eine neue suchen - oder auch diejenigen, die in ihrem Heimatgefühl durch Zuwanderung und kulturelle Veränderungen unsicher werden. In vielen Diskussionen wird darum gerungen, was denn Heimat ausmacht: Sprache und Raum, Kultur und Geschichte und manches andere.

Im Radio hat mich jemand mit einer Definition verblüfft: Heimat ist da, wo ich gerne Steuern zahle[1]. Auf den ersten Blick eine sehr trockene Vorstellung von Heimat. Das Finanzamt ist für mich kein Heimatmuseum. Und dass jemand überhaupt gerne Steuern zahlt, klingt schon schräg.

Doch zunehmend gefällt mir diese Definition. „Heimat ist da, wo ich gerne Steuern zahle“: Ich zahle dort gerne Steuern, wo die Steuerlast nicht zu sehr drückt und die Steuern einigermaßen sinnvoll und gerecht verwendet werden. Wo Schulen und Krankenhäuser, Straßen und Feuerwehren von meinen Steuern finanziert werden. Wo meine Steuern dafür sorgen, dass nicht nur Wohlhabende ins Theater und Museum gehen können. Wo alle ein menschenwürdiges Leben führen können und der Rechtsstaat sie schützt. Die Liste lässt sich fortsetzen. Sie malt das Bild eines Gemeinwesens, das funktioniert und Werten verpflichtet ist.

„Heimat ist da, wo ich gerne Steuern zahle“. Steuern sind für mich nicht bloß ein lästiges Übel, das ich vermeiden will, notfalls auch durch Tricks und Täuschung. Ich zahle gerne Steuern, wenn öffentliche Mittel so ausgegeben werden, dass ich mich zu Hause fühlen kann in meiner Stadt, meinem Land. Kultur und Sprache, Geschichte und Raum – das gehört sicher alles zur Heimat. Aber es gehören auch ganz konkrete Dinge dazu wie ein funktionierendes Gesundheitswesen oder Sicherheit im Alltag. Und das gibt es nicht umsonst. Heimat gibt es nicht zum Nulltarif. Heimat gibt es nur dort, wo wir auch etwas einbringen. Uns selbst und unsere Steuern.



[1] Deutschlandfunk, 6.4. 2018

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26644
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