SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Jetzt gilt es, Haltung zu bewahren.“ – Vielleicht haben Sie diesen Satz auch schon mal gehört. Mir ist dieser Satz schon verschiedentlich begegnet, mal mit einem ironischen liebevollen Unterton, mal durchaus ernst gemeint. Im ersten Moment muss ich  dabei immer an alte Generäle oder steife Gouvernanten denken... Haltung, das heißt, sich zusammen zu reißen – nicht in Panik zu verfallen. Ruhig zu bleiben und innere Stärke zu zeigen.  

Eine Haltung zu haben heißt auch, einen bestimmten Standpunkt zu vertreten. Eine möglichst klare Position.  Von der aus man die Lage und Dinge beurteilt und einschätzt. Soweit so gut.  Innere Stärke und eine klare Position sind absolut hilfreich. Im beruflichen, aber auch im privaten Leben. Wer auch bei Herausforderungen die Ruhe bewahrt, der sieht oft klarer. Und kann vielleicht Probleme schneller oder auch besser lösen. Aber manchmal denke ich, verpasst man auch was, wenn man immer Haltung bewahrt, sich immer zusammenreißt. Die Schriftstellerin Susanne Niemeyer hat es mal so gesagt: „Manchmal muss man die Haltung verlieren, um Neues zu entdecken.“ Und ich denke, sie hat Recht. Haltung gibt Sicherheit. Aber es kann auch gut tun, sich davon frei zu machen. Die Beherrschung zu verlieren, das kann ja auch heißen, auszubrechen aus alten Mustern und Verhaltensweisen. Und einfach mal dem zu folgen, was die Situation mich in dem Moment denken und fühlen lässt. Auf die Etikette pfeifen. Und solchermaßen unbeschwert tatsächlich neues entdecken. Neue Sichtweisen. Neue Eigenschaften an mir und anderen. Manchmal lohnt es sich, die Haltung zu verlieren. Denn es gibt soviel mehr zu entdecken.

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