SWR3 Gedanken

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Erste Probe fürs Krippenspiel. Die Rollen sind schnell verteilt. Maria und Josef, die Engel und die Hirten, zwei Schafe finden sich. Dann ist Tim an der Reihe. „Ich möchte ein Schäferhund sein“, sagt er. Und er wirkt sehr entschlossen.

Nun kommt in der Weihnachtsgeschichte leider kein Schäferhund vor. Vermutlich deshalb, weil es im Alten Orient gar keine Schäferhunde gab. Aber dieses Argument läßt der kleine Tim nicht gelten. „Überleg doch mal“, sagt er. Und man merkt, dass er sich gut vorbereitet hat. „Da rennen die Hirten davon zu dem Stall. Wer soll auf die Schafe aufpassen?“

Da hat er recht. Wer hat eigentlich auf die Schafe aufgepaßt? Auch darüber erzählt die Weihnachtsgeschichte nichts. Die konzentriert sich halt sozusagen aufs Wesentliche. Auf die frohe Botschaft der Engel und das göttliche Kind im Stall. Das Schicksal der Schafe bleibt dagegen ein wenig im Dunkeln.

Nun ist davon auszugehen, dass die Schafe in Sicherheit waren. In jener Nacht. Denn ohne dass die Bibel davon erzählt, scheint mir doch eines klar. Die Frohbotschaft der Heiligen Nacht wäre für die Hirten keinen Pfifferling wert gewesen, wenn sie am nächsten Tag keine Arbeit mehr gehabt hätten. Entweder waren die Schafe also kreuzbrav und die Wölfe lammfromm in jener Nacht. Oder aber es hat wirklich jemand auf die Herde aufgepaßt. Einer, den die Weltgeschichte längst vergessen hat.

Deswegen gebe ich klein bei. „Tim, du bist der Schäferhund in unserem Krippenspiel“, sage ich. „Und das ist eine wichtige Rolle“, sage ich zu den anderen Kindern. Die nicken verständig. Denn Kinder kapieren oft weit schneller als Erwachsene, was wirklich wichtig ist. Und wirklich wichtig ist, dass in jener Nacht alle zu ihrem Recht kommen. Die Hirten. Aber auch die Schafe.

Deswegen gibt es in unserem Krippenspiel nun eben einen Schäferhund. Der kleine Tim macht seine Sache großartig. Er beschützt aufopfernd die Schafe vor den Wölfen. Und die Hirten können in aller Seelenruhe ihr Heil im Stall suchen und finden. Und die Moral von der Geschicht: Unterschätze bloß die Nebenrollen nicht.
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