SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Aufhören können zur rechten Zeit. Innehalten. Abstand gewinnen. Wie wichtig das für Jesus war, davon erzählt eine Episode aus dem Neuen Testament.
Die letzten Tage waren anstrengend gewesen. Für Jesus wie für seine Jünger. Unglaublich viele Menschen waren zu ihm gekommen! Mit ihren Bitten um Heilung, ihren Fragen um Rat. Ein Riesenprogramm. 

„Wo bleibst du denn?“ so hatten die Jünger Jesus immer wieder gefragt. „Wo bleibst du denn? Alle suchen dich!“ Einerseits bewundern sie Jesus für das, was er tut. Aber es klingt auch ein deutlicher Vorwurf durch, dass alles sei nicht genug. Es reiche nicht aus angesichts des Ansturms von Hilfesuchenden.

Jesus hatte sich den Menschen zugewandt, die zu ihm gekommen waren. Mit ganzer Kraft. Selbst als die Sonne untergegangen war, hatten sie noch ihre Kranken, Verstörten, Verängstigten zu ihm gebracht. In seiner Nähe waren sie ruhig geworden. In seinem Kraftfeld waren die Dämonen verstummt.  
Wie Jesus geholfen hat, davon lese ich im Matthäusevangelium. Aber auch davon, dass er weiß, wann es genug ist. Für ihn selbst wie für die Menschen, die ihn umgeben.

Darum zieht er sich am Morgen des nächsten Tages zurück. Er braucht die Ruhe und den Abstand. „Und am Morgen“, so heißt es bei Matthäus, „stand er auf und ging hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.“
Zur rechten Zeit aufhören zu können, ist für Jesus wichtig. Sich Zeit lassen, um auf das zu hören, was dem Leben Richtung und neue Kraft gibt.  
Und so setzt Jesus dem Stress, den seine Jünger verbreiten, eine heilige Gelassenheit entgegen. Den eiligen Zeiten, in denen die Jünger gefangen sind, heilige Zeiten der Ruhe.

Jesus lässt sich nicht treiben von der Angst, zu wenig auszurichten. Von der Angst, nicht bestehen zu können vor den eigenen Ansprüchen oder denen anderer.
Immer wieder sucht er die Zurückgezogenheit, um aus der Quelle des Lebens zu schöpfen. Und so der Erschöpfung zu entgehen.

Ich kenne das auch von mir. Dass ich Zeiten brauche, wo ich verweile, innehalte, meine Hände öffne. In solchen Zeiten der Ruhe kann eine heilige Gelassenheit entstehen. Die Prioritäten des Lebens verändern sich, gewinnen eine andere Wertigkeit.
Es wird – wie in einem Wasserspiegel - klarer, was meine nächsten Schritte sein könnten. In diesem Fall: Abstand gewinnen, um gestärkt weiterzugehen. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26560
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