Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Renata und ich sitzen in der Küche. Sie muss mir etwas erzählen. Von einem gemeinsamen Bekannten.

„Ja, und dann habe ich ihm 100 Euro geschickt und gewartet.“ Renata stellt die Kaffeetasse ab. Sie ist empört und wartet auf meine Frage.
„Auf was hast du gewartet?“
„Na darauf, dass er sich mal bedankt. Aber glaubst du, da kam was? Nichts! Gar nichts!“ Sie wischt mit der Hand über den Tisch, als ob sie den Ärger wegwischen wollte. „Du kannst mir glauben“, ihr Finger deutet ärgerlich auf mich, „der ist für mich gestorben.“

Sie ist ziemlich in Fahrt und ich frage mich, ob ich nicht besser still sein sollte, aber ich kann es nicht lassen und sage: „Ich möchte nichts schenken, nur weil ich mir was davon erwarte.“ Renata blickt mich böse an: „Wie meinst du das?“
„Naja,“ sage ich, „warum hast du ihm geholfen? Ihm das Geld gegeben?“
„Weil er es nötig hatte. Weil er nicht wusste, wie er seine Miete bezahlen sollte.“
„Du hast es also nicht gemacht, weil du dir Dank erwartet hast? Oder vielleicht eine andere Gegenleistung?“„Nein, natürlich nicht!“

„Dann hast du doch richtig gehandelt und hast dir gar nichts vorzuwerfen. Ich verstehe also nicht, warum du böse bist. Du hast keinen Dank erwartet und hast keinen Dank bekommen. Also ist alles in Ordnung.“ Renata ist irritiert. Ich spreche weiter:

„Ich glaube, Gott erwartet manchmal auch viel von uns, aber von uns kommt nichts. Keine Dankbarkeit, nicht mal ein Gedanke an ihn. Und trotzdem: Für ihn sind wir nicht gestorben, sondern er bemüht sich immer weiter um uns.“

Renata schaut mich an: „Du hast ja Recht. Und so hoch will ich das ja auch gar nicht hängen. Aber verstehst du, dass ich mich ärgere?“
„Absolut“, sage ich, „das macht man einfach nicht, dass man sich nicht bedankt. Aber ich glaube: Wenn du dich ärgerst, dann hilft es daran zu denken, warum du geschenkt hast. Nicht für den Dank, sondern weil du helfen wolltest. Das ist das Wichtige!“

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