SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ Wahrscheinlich kennen Sie diesen Satz. Er steht im Vaterunser. Immer wenn ich in einem Gottesdienst das Vaterunser bete, dann spreche ich diese Worte.

Was dieser Satz bedeutet, ist mir vor einiger Zeit nochmal klar geworden. Bei einem Vortrag sagte der Redner: „Der schwierigste Mensch, mit dem du jemals zu tun hast, das bist du selbst!“ Ich habe nicht viel von diesem Vortrag behalten. Aber dieser eine Satz ist hängen geblieben. „Der schwierigste Mensch, mit dem du jemals zu tun hast, das bist du selbst!“

Natürlich finde ich andere Menschen manchmal auch schwierig. Die einen reden mir zu viel und zu laut. Die anderen hören nicht richtig zu. Es gibt Mitmenschen, die schimpfen über alles und jeden und man kann es ihnen einfach nicht recht machen. Und dann gibt es solche, die sind überzeugt, dass sie die Schönsten und Besten sind und schauen auf andere arrogant herunter. Es gibt schon viele seltsame Menschen, mit denen ich so meine Schwierigkeiten habe. Aber sie haben alle einen großen Vorteil: Ich kann ihnen aus dem Weg gehen.

Mir selbst aber kann ich nicht aus dem Weg gehen. Mich muss ich aushalten den ganzen lieben langen Tag. Und wenn ich ehrlich bin, dann weiß ich ganz genau, dass ich auch nicht immer einfach bin. Ich bin oft genug mürrisch und unzufrieden. Ich kenne meine Fehler und Macken und weiß, welche bösen Gedanken manchmal in meinem Kopf sind. Es gibt Tage, da kann ich mich selbst nicht leiden; ich schau in den Spiegel und strecke mir selbst die Zunge raus.

Mir hilft dann dieser Satz aus dem Vaterunser: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Ich kann meine schwierigen Seiten und meine Fehler zu Gott bringen. Ich kann ihn bitten: Vergib mir, wo ich etwas falsch gemacht habe oder einen anderen Menschen mit meiner Art verletzt habe. Dabei vertraue ich darauf, dass Gott mich ganz genau kennt und mich trotzdem mag. Wenn ich ihn um Vergebung bitte, dann kann ich mir auch selbst vergeben. Und neu anfangen. Für Gott bin ich nicht zu schwierig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26521
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