SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Manchmal will es einem trotz strahlendem Sonnenschein und üppigen Grüns nicht wirklich warm ums Herz werden. Mein Lieblingslied zum Monat Mai: „Wie lieblich ist der Maien“ weiß um diesen Zustand: „Herr, lass die Sonne blicken ins finstre Herze mein“ heißt es da in Strophe 3. Es ist ja wirklich bitter, wenn alle anderen verliebt und fröhlich durch ihr Maienleben tänzeln und man selbst möchte sich am liebsten in der dunklen Kammer verkriechen. „Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus“ spottet ein anderes Maienlied, aber Spott ist leicht gesagt, eine traurige Stimmung dagegen schwer zu vertreiben. Jesus hat zu Sorgen seine eigene Meinung gehabt: Im Matthäusevangelium heißt es: Wer ist unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt? Ich interpretiere den Ratschlag so, dass es sich lohnt, eine Unterbrechung zu wagen, mir sozusagen eine Auszeit von meinen Sorgen zu gönnen. Wenn ich mich sorge, drehe ich mich nämlich nur um mich und mein Problem, und dabei kann es mir ganz schön schwindelig und manchmal sogar richtig schlecht werden. Ich habe mir daher angewöhnt, auch bei großen Sorgen eine Unterbrechung zu setzen, ganz bewusst. Ich greife mir meine Joggingschuhe und laufe durch den Frühlingswald und achte auf das frische Grün. Es tut mir allein schon gut, meine Aufmerksamkeit auf schöne Dinge zu lenken. Mag sein, daheim sind die Sorgen wieder da, aber ich habe ihnen nicht den ganzen Tag gegönnt. Wenn mich die Sorgen nachts erwischen und nicht einschlafen lassen sage ich mir: „Heute Nacht werde ich dieses Problem tatsächlich nicht regeln können. Morgen früh kann ich gerne weitergrübeln.“ Ich habe festgestellt, dass mir anschließend leichter wieder einschlafe. Häufig hilft mir die Unterbrechung sogar, eine neue Perspektive einzunehmen. Mit Sorgen alleine komme ich dagegen selten weiter. Tatsächlich verlängert man mit Sorgen sein Leben nicht, eher vergeudet man kostbare Lebenszeit. Da hat Jesus zweifellos recht.

Unterbrechungen sind richtig gute Helfer, um Kreativität und Lebensfreude anzufachen, wenn der Tunnelblick in den Eisheiligenkeller zeigt. Im Grunde müsste man kreative Unterbrechungen zum festen Programm auch in beruflichen Zusammenhängen werden lassen. Wie wäre es, in einer langen, ermüdenden Sitzung einfach mal aufzustehen und gemeinsam „Wie lieblich ist der Maien“ zu singen? Auch wenn sich das kaum durchsetzen lässt: Ich bin mir sicher, das würde einige gute Ideen befördern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26517
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