SWR3 Gedanken

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„Sei ein Mensch mein Kind“* das sagt die jüdische Großmutter zu ihrer Enkelin, in einem Roman den ich gerade gelesen habe. Das Vermächtnis der Großmutter an ihre Enkelin: Sei ein Mensch!

 

„Mensch“ ist im Jiddischen mehr als nur Mensch. Mehr als die Sammelbezeichnung für uns denkende Lebewesen. Juden sprechen bei einem wirklichen Mensch, von jemandem, den man sich als Freund wünscht oder wenn man in Not ist. Wenn jemand so beschrieben wird, ist es ein Ausdruck von großem Respekt. Aber bei diesem Respekt geht es nicht um Macht, Erfolg oder Reichtum, sondern um Eigenschaften die diesen Mensch als Mensch so kostbar machen. In der jüdischen Tradition wird er in etwa so beschrieben: 
Ein wirklicher Mensch ist zum Beispiel achtsam im Umgang mit anderen Menschen: zu Hause, bei der Arbeit oder im Autoverkehr. Ein Mensch tut das Richtige, weil er von Ehrlichkeit geleitet ist, weil er glaubwürdig ist und nicht darauf schaut was ihm das bringt. 
Ein richtiger Mensch weiß, dass seine Taten Folgen haben, darum ist er vorsichtig und nachsichtig, hat seine Gefühle unter Kontrolle und bedenkt bei dem was er tut auch immer das Ende.   
Ein Mensch behandelt jede Person mit Respekt, weil er weiß, dass jede Frau, jeder Mann und jedes Kind ein einmaliger Mensch ist, wie er. Darum beurteilt er sie auch nicht nach ihrer äußeren Erscheinung und bemüht sich, den anderen zu verstehen.
Ein wirklicher Mensch hat auch Mut, Mut das Richtige zu tun, selbst wenn es ihm Nachteile bringt. Und den Mut zuzugeben, wenn er bei etwas falsch liegt oder einen Fehler gemacht hat. 
Und schließlich: Ein wirklicher Mensch sorgt sich. Er sorgt sich um seine Familie, sein Lebensumfeld und um die Welt…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26471
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