SWR2 Wort zum Tag

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Markus Söder hat mich ins Nachdenken gebracht. Nicht, ob es sinnvoll ist, in bayrischen Behörden Kreuze aufzuhängen. Das ist „Wahlkampf“. Was mir das Kreuz bedeutet, darüber habe ich erneut nachgedacht. Und warum ich selbst eines um den Hals trage.

Seit einem Urlaub in Danzig. In Sichtweite der Marienkirche habe ich es gekauft. Nicht weit von dort wo deutsche Vorfahren Polen überfallen hatten. Und den 2. Weltkrieg vom Zaun gebrochen.

Ich habe es gekauft, weil ich dankbar war: Danzig war wie weite Teile Europas völlig zerstört und jetzt blüht es wieder vor Leben. Danzig war tot und ist wieder lebendig.

Das drückt das Kreuz für mich aus. Dass dieses Wunder möglich ist. Jesus war tot und Gott hat ihn neu belebt. Daran soll es mich gern erinnern und daran dass Versöhnung zwischen Menschen das Wichtigste ist, wenn man so verfeindet war, wie Deutsche und Polen zB.

Jetzt könnten Sie einwenden: So mache ich das Kreuz auch zu einem „politischen“ Zeichen. Ähnlich wie die bayrische Landesregierung. Weil ich es als Zeichen verstehe, das Versöhnung stiftet auch zwischen Ländern, nicht nur zwischen Gott und Mensch. Ja, ich verstehe es auch politisch. Aber entscheidend finde ich, wofür es politisch steht: Für Versöhnung.

Das zeigt mir auch ein Blick 2000 Jahre zurück.
Für das Römische Weltreich was das Kreuz hochpolitisch. Jesus und viele andere wurden daran hingerichtet. Rom hat an ihnen seine Macht demonstriert.

Aber dann ist Erstaunliches geschehen: Zuerst haben die Christen das Kreuz vom Todes- zum Lebenssymbol umgedeutet: Jesus ist auferstanden. Und die Christen haben der Weltmacht Rom das Kreuz auch entwunden. Es wurde zu ihrem Zeichen und sagte: Gott steht auf der Seite der Schwachen und Ohnmächtigen, nicht auf der Seite der politischen Weltmacht. Leider haben sie es später auch wieder zum Machtzeichen werden lassen. Aber dazu taugt das Kreuz mE nicht. Man kann es nicht zur Monstranz von Macht tragen. Von staatlicher nicht, und von kirchlicher nicht.

Soll ich mein kleines Kreuz aus Danzig auch ablegen? Nein. Ich trage es weiter. Aber nicht als Identitätsmarker nach außen. Es soll auf einen selbst wirken, wenn man es trägt. Damit ich weiß, dass ich an Jesus glaube. Und mich an ihm orientiere. Er ist eingestanden für Menschen, die krank waren. Und auf der Suche nach neuem Leben. Er hat Frauen als seinesgleichen gesehen. Er hat geliebt, auch Feinde. Wer immer sich Jesu Kreuz anzieht oder aufhängt, muss versuchen, dass er oder sie in seiner Spur bleibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26458
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