SWR3 Gedanken

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Blau wie der Himmel mit goldenen Sternen: die Europaflagge. Heute, am Europatag, hängt sie eher traurig herum. Wer mag jubeln, wer sagt noch überzeugt „je suis Europe, isch bin Europa“? Stattdessen „Britain first“, Brexit, Türkeikrise und und… „Zuerst ich!“, so scheint es. Mein Land, meine Wirtschaft, mein Geld.

Anders am 5. Mai 1949. Nach dem 2. Weltkrieg gründen die ersten Staaten den „Europarat“, es ging nicht zuerst um Wirtschaft und Eurokratie, sondern um Menschenrechte und Frieden. Um einen gemeinsamen Horizont. Besonders ein Belgier träumt vom Himmel: Paul Lévi, jüdischer Abstammung, schwört sich, wenn er die Hölle der Nazis überlebt, will er ein Zeichen setzen. Und so kommt es.

Lévi wird katholisch und Mitbegründer des Europarats. Als er eine Maria im Strahlenkranz sieht - Himmelsfrau mit „12 Sternen auf ihrem Haupte“, wie es in der biblischen Offenbarung (Offenbarung des Johannes Kapitel 12,1) heißt - offenbart sich ihm die ideale Europaflagge. Seine Idee wird 1955 angenommen.  

Seither wehen im Europahimmel zwölf Sterne. Zahl der Vollkommenheit. Zwölf Monate hat ein Jahr, zwölf Stunden der Tag. Auf der Flagge stehen die Sterne wie im Zifferblatt, all ihre Spitzen zeigen gen Himmel. Was für eine Zeitansage: Von der ersten Minute an stehen Europäer für Menschenrechte und Frieden. Dafür mag ich weiter einstehen - und jubeln am Europatag. Ja, „je suis Europe“.

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