Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ein ganz normales jüdisches Mädchen vor 2000 Jahren. So stell ich sie mir vor, diese Miriam im Land Israel. Jung und lebendig, das beim Wasserholen am Brunnen mit den andern Mädchen lacht und beim Essen kochen schwatzt, neugierig dem Palaver der Männer lauscht oder sehnsüchtig den schönen Kleidern anderer Frauen hinterher sieht. Doch weiß die Bibel zu berichten, dass dieses Mädchen außergewöhnlich war. Das ist wohl auch der Grund, warum die katholische Kirche heute ein Fest feiert, dass in unseren Ohren gar seltsam anmutet. Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria ist sein Titel. Ein Fest, das daran erinnert, dass Gott mit Maria von Anfang an etwas vor hat. Weil er seine Welt so liebt, will er ihr das Kostbarste schenken, was er hat, seinen Sohn. Und Maria soll dieses Kind in die Welt bringen. Deswegen ist sie von Beginn an frei von aller Schuld und Gottfremdheit. Das heutige kirchliche Fest kann natürlich nur gefeiert werden, weil Maria sich auf dieses Wagnis eingelassen hat. Denn ein solches war es wohl. Aber Gott zwingt sich dem Menschen nicht einfach auf. Maria hätte sich auch verweigern können! Stattdessen vertraut sie darauf, dass Gott es gut mit ihr meint. Sie lässt Gott in ihr Leben ein. Mehr noch: Sie begleitet ihn ein Leben lang und über den Tod hinaus. Vielleicht ist das sogar das Außergewöhnlichste an dieser Frau. Das Leben ihres Sohnes Jesus war für sie als Mutter alles andere als einfach. Und ich bin mir sicher, dass sie nicht nur einmal mit sich haderte und nach einem normalen Leben zurücksehnte – aber dennoch ist sie dabei geblieben. Maria hat auch heutigen gläubigen Menschen etwas zu sagen. Sie kann ein Vorbild sein für einen Menschen, der sein „Ja“ immer wieder erneuern muss. Der bereit ist, Gott in sein Leben einzulassen. Der versucht herauszufinden, was Gott mit ihm vorhat. Und der das Vertrauen hat, dass Gott es letztlich immer gut mit ihm meint.

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