Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es hat Streit gegeben. Wieder einmal. Genervt kommt Sven um die Ecke. Ich sehe es ihm an: Er erhofft er sich von mir Balsam für seine Seele. Ich aber begrüße ihn etwas flapsig mit „Wie schön, ihr habt wieder miteinander gerungen“.

Verblüfft bleibt er auf halber Strecke stehen und starrt mich an. „Na toll, von dir als Pfarrer hätte ich mir was anderes erwartet! Aber stattdessen freust du dich am Streit in der Gruppe.“ Aber so hatte ich es nicht gemeint. Ich entschuldige mich bei ihm und erkläre Sven was ich meine:

Streit ist für mich ein Zeichen, dass eine Gemeinschaft gut funktioniert, dass sie gesund ist. Wenn alle miteinander reden und einander so ernst nehmen, dass sie miteinander ringen. Dann ist das ein gutes Zeichen.

„Weißt du“ sage ich zu Sven „Reibung erzeugt Wärme und daraus kann was entstehen! Jetzt mal ehrlich: ich streite nur mit Menschen, die mir was bedeuten. Bei anderen ist mir der Aufwand zu groß.“

„Mmmm, klar so kann man es auch sehen“ gibt Sven zu. „Aber es kostet halt auch ganz schön viel Kraft. Außerdem finde ich es auch traurig, dass wir uns als Christen streiten.“

Ich verstehe ihn gut.         Aber hat Jesus das nicht auch gemacht? Sich gestritten? Jesus stritt sich mit den Schriftgelehrten und Pharisäern. Dabei ging es ihm um das Wichtigste, um Gottes Reich wie er sagte. Er nahm seine Gegner Ernst und stritt mit ihnen um die Wahrheit. Er stritt mit ihnen, weil sie und die Sache ihm wichtig waren.

Deshalb gehört Streiten – sich aneinander reiben dazu, um schlussendlich zu einem guten Ergebnis zu kommen. Streiten – hart in der Sache, klar im Ergebnis und freundlich im Ton – gerade als Christen sollten wir uns davor nicht scheuen. Denn wenn es gelingt, dann ist das auch eine Liebeserklärung an mein Gegenüber.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26383
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