SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Diese Woche begehen die Kirchen in Deutschland die ökumenische Woche für das Leben. Zwei Aspekte beschäftigen mich dazu: der eine dreht sich um die Sorge um das biologische Menschsein vor allem am Beginn und am Ende. Hier gibt es unzählige komplizierte Herausforderungen. Der andere Aspekt ist der des guten Lebens für alle. Oder anders gesagt: Wie können wir, wenn wir am Leben sind, auch gut und erfüllt durch dieses Leben gehen, wie können wir unser Leben feiern? Letzteres scheint Kirchen und Religionen eher misstrauisch zu machen. Viele Menschen haben, ich meine zu Recht, das Gefühl, dass es den Kirchen eher darum geht, wie man die Freude am Leben eindämmen kann. Uns Lebenden, so der Verdacht, wird dabei zu wenig zugetraut, unser Leben verantwortlich führen zu können, aufeinander zu achten und gut zu handeln.

Dabei muss gar kein Widerspruch bestehen zwischen intensivem Leben, feiern und genießen auf der einen und gläubig sein auf der anderen Seite. Es ist sogar Gottes Wille, dass wir „das Leben in Fülle“ haben, wie Jesus im zehnten Kapitel des Johannesevangeliums sagt. In der Woche für das Leben bei unseren österreichischen Nachbarn hieß vor ein paar Jahren das Motto explizit „Das Leben feiern!“, weil jedes Leben ein Grund zur Dankbarkeit und zur Freude ist und weil jedes Leben kostbar und wertvoll vor Gott ist – vom Anfang bis zum Ende. In unseren politischen Diskussionen dieser Tage spüre ich hingegen oft das Gegenteil: ängstliches Abgrenzen und eine negative Haltung zur Zukunft. Das Leben zu feiern und positiv anzugehen ist eine Alternative dazu. Das klingt sehr vereinfachend angesichts der riesigen Herausforderungen, die wir sehen. Aber: hat nicht jede Generation für sich gesehen, dass ihre Zeit eine besonders schwierige Umbruchzeit war? Das Leben zu feiern ist die beste Medizin gegen Angst und Misstrauen.

Wenn wir auf Deutsch „zum Wohl“ sagen, also beim gemeinsamen erheben des Glases, sagen die Juden „l’chaim“, das bedeutet: auf das Leben!

Letztlich ist auch unser Osterfest nichts anderes als eine Feier des Lebens und „l’chaim“ könnte auch ein Oster-Wunsch sein. Wir feiern den Sieg des Lebens über den Tod und um uns herum erwacht die Natur und nimmt uns mit wenn alles aufbricht und blüht und bunt wird. Dieses Jahr, nach einer langen Winterzeit, spüre ich das noch intensiver.

In diesem Sinne: Auf das Leben!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26324
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