SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Das Grab ist leer, der Held erwacht, der Heiland ist erstanden.“ Ein schönes Osterlied. Voller Kraft, Zuversicht und Freude. „Da sieht man seiner Gottheit Macht, sie macht den Tod zuschanden.“ Ich singe es gerne, gerade jetzt in der Osterzeit. Und ich gebe zu: Ich liebe es, wenn dabei der Organist alle Register der Orgel zieht, die Leute inbrünstig mitsingen und so ein leichtes Brausen in der Kirche entsteht. Aber spätestens bei der nächsten Beerdigung eines guten Freundes frage ich mich, ob das stimmt mit der Auferstehung und Jesus, der den Tod zuschanden macht. Häufig kommen dann leise Zweifel in mir auf.

Einfach laut mit „Das Grab ist leer, der Held erwacht“ gegen meine Zweifel ansingen, hilft dann wenig. Eher der Blick in die Bibel. Denn die, die da auftreten in den Ostergeschichten: Maria von Magdala, Petrus und andere Jünger geht es wie mir. Sie sehen erstmal nur das Grab. Den Helden, der den Tod überwunden hat, sehen sie nicht. Dass das Grab leer ist, erklären sie sich damit, dass man wohl den Leichnam Jesu gestohlen hat. Auf die Idee seiner Auferstehung kommen sie nicht. Das ist einfach zu abwegig, zu unglaublich. Als Jesus Maria Magdalena erscheint, hält sie ihn für den Gärtner. Die Jünger, die nach Emmaus wandern, merken ganz lange nicht, dass der Fremde, der sich ihnen anschließt, Jesus ist.

Diese biblischen Geschichten trösten mich. Auch die großen Heiligen der Bibel hatten Zweifel, haben die Sache mit der Auferstehung Jesu erstmal nicht geglaubt. Sie brauchten Zeit, um das alles zu verstehen. Zeit, die ich auch brauche, immer wieder. Und ich glaube ganz fest, dass Gott mir diese Zeit lässt. Und ich hoffe, dass es dann immer wieder Momente in meinem Leben geben wird, in denen ich voller Freude und Inbrunst singen kann: „Das Grab ist leer, der Held erwacht.“

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