SWR2 Wort zum Tag

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Es ist ein hässliches Wort, aber ein Fachausdruck für eine Modeerscheinung: „Wrongful Life“ – übersetzt heißt das in etwa „fehlerhaftes Leben“. Inzwischen verklagen überall auf der Welt Eltern, deren Kind krank auf die Welt gekommen ist, die Ärzte. Die Eltern werfen den Ärzten vor, sie hätten vor der Geburt erkennen müssen, dass das Kind krank sein wird. Und dann hätte man das Kind abtreiben können. So aber muss das Kind ein Leben leben, das mit einem Fehler behaftet ist - „wrongful Life“.

Wenn es erlaubt ist, gerichtlich gegen die Ärzte vorzugehen, dann hat das zur Folge, dass immer mehr Ärzte auf Nummer sicher gehen. Im Zweifel raten sie abzutreiben, denn tote Kinder sind kein Klagegrund, kranke hingegen schon. Eine zynische Logik!

In Deutschland sind diese Klagen nur in ganz engen Grenzen möglich. Aber auch hier setzt sich der Trend durch, dass in der Schwangerschaft immer mehr untersucht wird: Es werden Proben von Fruchtwasser oder Nabelschnur entnommen, die Nackentransparenz wird untersucht und auch das Blut der Mutter. Letztlich läuft alles auf die Frage zu, was ich als werdende Eltern wissen möchte und was nicht. Und wenn ich etwas erfahre, wie gehe ich damit um?

Die meisten Eltern fühlen bei diesem Thema in zwei Richtungen: einerseits haben sie eine große Verantwortung für das Kind und für sich. Andererseits merken sie, wie wenig in ihrer eigenen Macht steht, wie wenig Kontrolle sie über das werdende Leben haben.

Ich finde, der Begriff „wrongful Life“ ist irreführend. Er spielt damit, dass alles Leben, was nicht perfekt ist, gleichzeitig fehlerhaft ist. Aber welches Leben ist schon perfekt? Das entscheidet sich doch immer erst an demjenigen, der es lebt. Und da hat sich mir mittlerweile gezeigt: Fehler sind menschlich.

Diese Woche feiern die großen Kirchen im Deutschland die „Woche für das Leben“. Das Motto dieses Jahr heißt „Kinderwunsch – Wunschkind – Unser Kind“.

Aus religiöser Perspektive sind Kinder Leben, und Leben ist immer von Gott geschenkt. Ich kenne einige Kinder mit Behinderung. Wenn ich sehe wie sie lachen, sich freuen, weinen oder kuscheln, dann würde mir nie einfallen, sie als fehlerhaft zu bezeichnen. Und auch die Eltern würden sie um nichts in der Welt eintauschen wollen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26294
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