SWR3 Gedanken

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Der Junge auf dem Friseurstuhl neben mir hat eine klare Vorstellung. Nein, die Haare sollen auf gar keinen Fall so kurz werden, wie die Mutter es gern hätte. Amüsiert verfolge ich die Debatte, betrachte die ratlose Friseurin, die geduldig auf die Lösung wartet. Eines immerhin hat der Junge ziemlich gut drauf: Klar und deutlich NEIN zu sagen zu Dingen, die er nicht will. Das kann für andere ganz schön nervig sein, aber es erleichtert das Leben. Nie vergessen habe ich jenen Mitarbeiter, der sich genau damit schwer tat. Der endlos rumdruckste, sich gleichsam entschuldigte, weil er möglichst keinen kränken wollte. Vielleicht war es übertriebene Höflichkeit, vielleicht eigene Unsicherheit. Am Ende hat er damit nicht nur sich, sondern auch uns anderen das Leben schwer gemacht.

NEIN markiert eine Grenze, ein Statement. Im besten Fall ein „Hier stehe ich und kann nicht anders“. So jedenfalls soll Martin Luther es damals vor der versammelten Machtelite gesagt haben. Und so ein NEIN kann dann auch Konsequenzen haben. Martin Luther etwa hätte sein NEIN um Haaresbreite mit dem Leben bezahlt. Aber es war unter anderem auch dieses NEIN, das ihn bis heute berühmt macht.

Wenn ich so nachdenke, dann waren es oft die Neinsager, die der Welt ein bisschen eine andere Richtung gegeben haben. Weil sie etwas, das sie für falsch hielten, einfach nicht mittragen wollten. Denn Ein NEIN kann im besten Fall ja auch eine Einladung zum Gespräch sein – so wie im Friseurladen. Mutter und Sohn haben schließlich eine Lösung gefunden, die beiden passt.

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