SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Jürgen heißt in Wirklichkeit nicht Jürgen. Er würde es auch nicht wollen, dass sein richtiger Name im Radio genannt wird. Jürgen gehört zu jenen Menschen, die einen normalen Acht-Stunden-Arbeitstag gar nicht durchstehen. Die immer wieder mal eine Auszeit brauchen, weil sie dem Druck und dem Tempo im Erwerbsleben nicht so gut gewachsen sind. Gründe dafür gibt es ganz viele. Bei Jürgen, einem Mann im mittleren Alter, waren es Alkohol und psychische Probleme. Beides hat er heute wieder im Griff. Aber einen Job, den er bewältigen könnte, den hat er eben nicht. Es gibt keinen für Menschen wie ihn. Dabei belastet es ihn, von Sozialleistungen leben zu müssen. Viel lieber würde er sich selber sein Geld verdienen, sich nützlich machen, in die Gesellschaft einbringen. So gut eben, wie er es kann.

Vielleicht war immer ein wenig Lebenslüge mit dabei, dass man Menschen wie Jürgen durch Trainings und Schulungen wieder fit machen könnte für den sogenannten ersten Arbeitsmarkt in einer Leistungsgesellschaft. Da also, wo die meisten von uns arbeiten. Da aber gelten andere Regeln. Da muss ich auch dann noch weiterarbeiten können, wenn es richtig eng und stressig wird. Gelingt mir das nicht, wird es schwierig.

Darum finde ich es gut, wenn in der Politik nun wenigstens ernsthaft darüber diskutiert wird, Menschen wie Jürgen eine Arbeit zu geben, die sie leisten können, statt ihnen Hartz IV ohne Aussicht auf Besserung zu bezahlen. Dabei ist es völlig egal, ob man das nun zweiter Arbeitsmarkt oder solidarisches Grundeinkommen nennt. Wichtig ist, dass Menschen wie Jürgen wieder eine Perspektive bekommen. Weg vom Almosenempfänger und hin zum Menschen, der für sich selber sorgen kann. Ob es gelingen wird, weiß ich nicht. Aber es ist ein Anfang. Endlich!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26286
weiterlesen...