Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Hussein Dschabar ist ein wichtiger Mann in Israel. Jedes Jahr kurz vor dem Pessach-Fest schließt er ein frommes Geschäft ab. Er kauft vom Staat Israel sämtliche Weizenvorräte. Aus religiösen Gründen. Denn an Pessach erinnern sich Jüdinnen und Juden an den Exodus aus Ägypten. Dazu gehört das so genannte Brot der Eile, die Mazzen:

Hals über Kopf war das Volk Israel damals aufgebrochen und hatte die Chance zur Flucht ergriffen: keine Zeit für Sauerteig, keine Zeit, den Teig gehen zu lassen. Und zur Erinnerung daran soll es bis heute kein Getreide mehr in den Häusern geben, solange das Fest dauert. Nun ist guter Rat teuer. Denn an ganz vielen Orten lagern große Getreidevorräte. Wohin also mit dem Weizen?

Hussein Dschabar ist ein gläubiger Moslem und ist der Meinung: Wenn ich helfen kann, warum nicht? Und so hilft er. Er kauft die Getreidevorräte Israels. Ihr Wert ist beträchtlich: zweihundert Millionen Euro! Die hat Herr Dschabar allerdings nicht. Deshalb leistet er nur eine kleine Anzahlung von umgerechnet viertausendsiebenhundert Euro. Wenn er den Rest der Summe nicht innerhalb von zehn Tagen überweist, wird das Geschäft hinfällig. Weil er das Geld nicht hat, kommt es, wie es kommen soll. Sobald Pessach vorüber ist, gehört das Getreide wieder dem Staat Israel und Herr Dschabar erhält seine Anzahlung zurück.

Juristisch ist das eine Art rückgängig gemachtes Warentermingeschäft. Gleichzeitig ist es aber auch noch etwas ganz anderes: Hier hilft eine Religion der anderen aus der Patsche. Juden dürfen an Pessach kein Getreide haben? Kein Problem, Moslems dürfen! Herr Dschabar freut sich darüber, dass er helfen kann, und meint: Wenn wir miteinander leben können, dann sollten wir das auch tun!
Wie gut und wie segensreich, dass es nicht nur eine Religion gibt! Die einen können feiern, die anderen passen derweil auf deren Vorräte auf.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26270
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