SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Über vier Monate habe ich meine Tage auf einer Intensivstation am Krankenbett meiner Frau verbracht. Es war ein quälendes Auf und Ab von Genesungsfortschritten und Rückschlägen. Zuversicht und lähmende Mutlosigkeit wechselten sich ab. Da sein und da bleiben, nahe sein – das ist das Einzige gewesen, was ich tun konnte. Ich habe es oft kaum ausgehalten, so hilflos zu sein. 

 

In der restlichen Zeit habe ich Haushalt und Garten in Ordnung gehalten, so gut es ging. Die freiberuflichen Tätigkeiten, die ich als Rentner noch wahrnehme, habe ich reduziert bis auf einige wenige Aufgaben, bei denen ich im Wort bin und verlässlich sein möchte. Das war mir auch deshalb wichtig, weil es der Zeit außerhalb der Klinik eine gewisse Struktur, ein Gerüst gegeben und mich auch abgelenkt und neu motiviert hat. 

Am Ende musste ich loslassen. 

Was trägt mich? Weihnachten ist in diese Zeit gefallen, aller äußeren Festlichkeit entkleidet, Ostern stand vor Augen; und ich habe mich gefragt, was diese Feste für mich bedeuten, über die ich als Theologe natürlich viel sagen kann. Aber was bleibt wirklich übrig von den vielen Worten und Gedanken, wenn ich auf die einzig wesentlichen und existenziellen Fragen zurückgeworfen werde, um die es im Leben und im Glauben geht? Was trägt mich? 

Für mich sind zwei Worte sehr wichtig geworden: Vertrauen und Anvertrauen. Dabei geht es nicht um die Worte, so, als ob damit schon alles gesagt wäre. Es geht um innere Haltungen, um die ich ringen und um die ich beten muss. Vom Vertrauen will ich heute sprechen. Vertrauen – aushalten, dass meine Fragen in ein Schweigen hineingehen; offen dafür sein, dass mich auch aus dem Schweigen vielleicht eine Antwort erreichen kann, selbst wenn ich sie nicht verstehe. Unbeirrt daran festhalten, dass Gott treu ist und mich hält, auch wenn ich manchmal den Boden unter den Füßen zu verlieren drohe. Das Osterfest, das Christen soeben gefeiert haben, bedeutet für mich nicht, dass die Nacht zu Ende wäre. Das Kreuz bleibt. Aber keine Nacht kann so tief sein, dass nicht Gott liebend und behütend da wäre. Er ist da, lange schon, bevor ich ihn gesucht und nach ihm gerufen habe. Und indem ich dies sage, spüre ich, wie wenig Worte letztlich diese Beziehung zum Ausdruck bringen können, die mir zugemutet wird – die Beziehung zwischen mir und Gott, zwischen Gott und mir. Das Leben kann hart dazwischen stehen. Ja, ich sage zugemutet – manchmal habe ich den Mut fast verloren, noch zu hoffen, zu glauben, zu vertrauen. Ich bete darum, dass er mir bewahrt bleibt – trotz allem.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26196
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