SWR4 Abendgedanken

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In diesen letzten Tagen vor Ostern denken Christen an die letzte Woche im Leben von Jesus; und diese Geschichte beginnt damit, dass Jesus auf einem Esel geritten ist. Hat man daran erkennen können, dass er der Sohn Gottes ist? Weil er auf einem Esel in die Stadt Jerusalem hineingeritten ist?

Viele wichtige Männer haben sich auf einem Reittier abbilden lassen. Eines der berühmtesten Gemälde von Napoleon zeigt ihn in einer Gebirgslandschaft auf dem Rücken eines sich aufrichtenden Pferdes. Der Kaiser der Franzosen führt den Italienfeldzug an, sitzend auf einem heißblütigen Schimmel. Der Maler Jacques-Louis David hat Napoleon in edler Uniform gemalt. „Bonaparte beim Überschreiten der Alpen“ heißt das Gemälde aus dem Jahr 1800.
Herrscherportraits zu Pferde gibt es seit dem antiken Rom. Auch Fürsten von heute zeigen sich gerne auf dem Pferd.

All diesen Darstellungen gemeinsam ist: Sie sind nichts als Propaganda. Nichts an der berühmten Napoleon-Darstellung ist in Wahrheit so gewesen. Weder die Uniform noch die Szenerie und nicht mal das Pferd. Der Mann, der damals noch gar nicht Kaiser war, ist nicht als Anführer vorausgeritten. Er hat mit der Nachhut seiner Armee die Alpen überquert. Und er saß dabei nur auf einem Maultier.

Aber er lässt sich abbilden auf einem kraftvollen Tier in Herrscherpose, souverän und mutig, kühn, erfolgsverwöhnt und edel. Das ist das genaue Gegenbild zu dem, wie uns die Bibel den Einzug von Jesus in Jerusalem beschreibt. Dieser Jesus hat keine Propaganda gebraucht. Er hat den Lazarus ins Leben zurückgeholt, viele Menschen geheilt und aufgerichtet. Das hat Jesus weithin berühmt gemacht. Das merkt man bei seinem triumphalen Einzug in Jerusalem. Denn die Leute haben ihm zugejubelt. Ihm haben sie zugetraut, dass er ihnen helfen kann.

Der stolze Kaiser auf dem Pferd - das war eine Erfindung. Und das ist auf die Dauer kein wirkliches Erfolgsrezept. Solche Herrscher bringen unserer Welt weder Frieden noch Gerechtigkeit, weder Heil noch Brot. Nicht in Frankreich, nicht in den USA oder Russland oder in unserer kleinen Stadt.

Das Konzept von Jesus dagegen setzt auf Solidarität mit den Ohnmächtigen, den Unbedeutenden und den Schwachen.
Der Eselreiter, -- der, der keine Propaganda braucht, weil er den Menschen beisteht - das ist unser Gott.

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