SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Das zentrale Thema der Karwoche lässt sich so beschreiben: Da ist einer, der opfert sich für andere. Viele tun sich mit diesem Wort opfern schwer. Ich auch. Darum habe ich nach einem Weg gesucht, diesen Begriff positiv zu füllen. Etwa in dem Sinn: Dass sich ein Mensch für einen anderen einsetzt, ohne Erwartung, dass es sich rechnet. Aus purem Uneigennutz. Das ist ein Opfer, zu dem nicht Menschen einen anderen machen. Indem sie eine Schwäche ausnutzen. Oder ihn klein machen. Ich finde, der Begriff lässt sich positiv zurückgewinnen, wenn opfern ein Handeln meint, zu dem ich ausdrücklich selber bereit bin. Weil es Teil dessen ist, was das Menschsein ausmacht. Und auszeichnet.

Ich weiß, es ist ein verwegener Gedanke: Ein Mensch stellt sich an den Platz eines anderen Zieht auf sich, was auf andere gemünzt war. Lebt nicht nach den Regeln eines ausbalancierten Tausches. Eines deals: „Gibst du mir etwas, bekommst du etwas zurück!“ Nein, Leben so verstanden, bedeutet, dass ich in Vorleistung trete. Indem ich auf einen anderen Menschen setze, ohne dass das auf guten Erfahrungen mit ihm beruht. Ohne dass dieser Mensch sich das hätte verdienen können. Leben in Vorleistung. Leben aus dem Grundvertrauen heraus, dass ich die Welt nur verändern kann, wenn ich diese Möglichkeit nicht nur von anderen erwarte. Sondern selber damit beginne. Leben, in dem ich meinen Vorteil drangebe. Ihn opfere.

In der Karwoche kommen mir viele solcher Beispiele in Erinnerung. An Albert Schweizer denke ich, der eine akademische Karriere dran gibt. Und als Arzt nach Gabun geht. Oder an den Pädagogen Maximilian Kolbe, der sich in Auschwitz für einen anderen umbringen lässt, sein Leben opfert, damit ein Mann, der zwei Kinder hat, überleben kann.

Und natürlich erinnere ich an Jesus von Nazareth. Er hat Menschen am Rande der Gesellschaft ins Licht gerückt. Er hat die Armen seliggesprochen und die Reichen kritisiert. Und er hat dabei riskiert, dass er anderen damit im Weg gestanden ist. So sehr, dass sie ihn am Ende aus der Welt schaffen wollten. Das Leben Jesu – für mich ist es das beste Beispiel eines Lebens in Vorleistung. Eines Lebens, in dem einer sich für die anderen opfert. Eines Lebens, an dem Menschen sich bis heute orientieren. Die Karwoche erinnert auch dieses Jahr wieder daran.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26139
weiterlesen...