SWR4 Abendgedanken

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Bin ich bereit für Ostern? Das ist für mich nicht in erster Linie eine religiöse Frage. Sie ist auch überhaupt nicht daran gebunden, ob einer glaubt oder nicht. Bin ich bereit für das, was Ostern bedeutet? Es geht mir dabei um die Frage, welchen Wert das Leben hat und was einmal mit mir geschehen wird, wenn ich sterbe. Das ist grundlegend und es betrifft jeden. Und solange Ostern in Deutschland noch ein Feiertag ist, empfinde ich es geradezu als Pflicht, diese Frage aufzuwerfen. Zumindest ist es eigenartig, wenn alle von Karfreitag bis Ostermontag frei haben, der Grund dafür aber nicht mehr der Rede wert ist.

Bin ich bereit für Ostern? Es geht mir dabei nicht um äußere Bußübungen oder Fastengebote. Die können helfen. Wenn ich eine Zeitlang auf etwas verzichte, bekomme ich den Kopf frei für anderes. Aber viel mehr geht es mir darum, ob Ostern noch eine relevante Größe ist in unserer Gesellschaft. Etwa so wie die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Auf die sind alle bei uns verpflichtet. Wer sich an die nicht mehr gebunden fühlt, bewegt sich außerhalb dessen, was unserem Zusammenleben Orientierung und Halt gibt. Das gleiche gilt für den christlichen Glaubens nicht mehr. Ich weiß. Keiner muss an die Auferstehung glauben, um dazu zu gehören. Jeder kann bei uns glauben was er will, auch gar nichts. Das ist gut und richtig so. Ich meine aber: Jeder sollte sich wenigstens die Frage stellen, wie er es mit Ostern hält. Das verlangt die Tatsache, dass wir wegen Ostern diese freien Tage haben. Sie sind auch deshalb frei von Arbeit und sonstigen Pflichten, damit jeder die Möglichkeit hat, sich zu fragen: Was will ich mit meinem Leben anfangen? Bin ich ein nützlicher Teil unserer Gesellschaft? Wie reagiere ich, wenn ich mit dem Tod zu tun habe?

Dazu kann jeder sich seine Gedanken machen. Und: Dazu wird jeder seine persönliche Antwort finden. Aber Ostern ist mehr. Ostern bedeutet: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Er wird nicht diktieren, was geht und was nicht. Ostern bedeutet, dem Tod etwas entgegen zu setzen. Überall, wo der Tod auftaucht, Widerstand zu leisten. Das kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise geschehen. Indem ich mich in einem Hospizdienst engagiere, der sich um Menschen kümmert, die im Sterben liegen. Oder indem ich mich dafür engagiere, dass Deutschland weniger Waffen produziert und verkauft. Indem ich auf die Schwächeren Acht gebe, damit sie nicht unter die Räder geraten. Bin ich bereit, mich dem zu stellen, diese Herausforderung anzunehmen? Ich finde: Solange Ostern bei uns noch Feiertag ist, gehört es dazu, sich das zu fragen. Andernfalls sollten wir eine andere Begründung suchen, wenn wir im Frühling frei haben wollen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26132
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