SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich habe einen Hund. Kuno. Hin und wieder spreche ich in meinen Beiträgen von ihm. Weil ich von ihm lerne. Vor allem, was die elementaren Dinge angeht. Mir werden diese einfachen Erkenntnisse immer wichtiger. Weil mir auffällt, dass mein Leben, das Zusammensein mit anderen besser gelingt, wenn ich mich an sie halte. 

Geduld zum Beispiel. Ich lerne von meinem Hund geduldig zu sein. Was sonst nicht meine Stärke ist. Aber mit ihm braucht es viel Geduld, damit wir ein gutes Team sind. Manche Befehle muss ich ihm ganz oft geben, bis sie funktionieren. Und vor allem muss ich sie vorher mit ihm üben. Die Faustregel lautet: Ein Kommando - wie Sitz oder Platz oder Warte - muss dreitausend Mal geklappt haben, dann hat Kuno das intus. Und wenn es funktioniert, muss ich immer dran bleiben, damit wir nicht aus der Übung kommen. Jeden Tag. Das erfordert wirklich einen langen Atem. Nicht immer habe ich den. Aber ich merke auch, dass ich mit Kuno ohne dieses ständige Wiederholen nicht weiterkomme. Es klappt dann einfach nicht. Es nützt nichts, wenn ich ungeduldig bin. Kuno wird deshalb nicht klüger oder schneller. Es dauert einfach so lange wie es dauert. Wenn’s dann aber drauf ankommt, und wir funktionieren als Team gut, dann ist das ein sehr schönes Erlebnis. Dann merke ich, dass es sich gelohnt hat, so lange am Ball zu bleiben, wie es notwendig war. Und gerade weil Geduld nicht meine Stärke ist, bin ich dann auch stolz auf mich.

Andere Gelegenheiten, wo ich Geduld brauche, lassen nicht lange auf sich warten. Zum Beispiel in der Schule: Manche Schüler sind erstaunlich unselbständig. Sie tun zumindest so, wenn sie etwas brauchen: Material für ein Referat, einen Zettel, den sie verschlampert haben. Dann stehen sie schnell auf der Matte und sagen: „Herr Steiger, ich brauch das! Geben Sie mir bitte dieses! Wo finde ich jenes?“ Ich sage dann fast immer das Gleiche: „Du bist selber groß. Lerne für dich zu sorgen. Kümmere dich selbst um deine Belange.“ Manche sind es gar nicht gewöhnt, abgewiesen zu werden. Manchmal wäre es bestimmt bequemer, ihnen ihren Willen zu tun. Aber das bringt sie nicht weiter. Also übe ich mich in Geduld und sage ihnen das immer wieder. Ein Kollege, der das natürlich auch kennt, war neulich ziemlich frustriert darüber: Er habe es ihnen doch schon hundert mal gesagt. Ich habe ihn dann augenzwinkernd damit zu trösten versucht, was ich von Kuno gelernt hab: Ab 3000 Mal kann’s klappen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26131
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