SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Es hat was von Polit-Thriller,
was die Bibel heute erzählt – genauer gesagt:
Das Stück aus dem Johannes-Evangelium, das die katholische Leseordnung
für heute vorschlägt, für den Tag vor Palmsonntag.

Es ist kurz vor dem Pascha-Fest, dem jüdischen Ostern,
wo Israel sich an seinen Anfang erinnert:
An die Befreiung aus der Sklaverei und an den Durchzug durch das Rote Meer
und die vierzig Jahre in der Wüste, bis sie schließlich angekommen sind
im gelobten Land Palästina.
Zur Jesus-Zeit war das die größte Wallfahrt.
Himmel und Menschen waren unterwegs, um das Fest in Jerusalem zu feiern –
im Tempel und um den Tempel herum.
Wenn der Prophet Jesus aus Nazaret in Galiläa wirklich ankommen wollte
mit seiner Botschaft, dann müsste er auch da sein.
Jerusalem in diesen Tagen: Das ist der Mittelpunkt der jüdischen Welt.
Ein bisschen mehr noch, glaube ich, als die heilige Stadt Rom
nächsten Sonntag, zu Ostern, Mittelpunkt der christlichen Welt sein wird.

Das Johannes-Evangelium erzählt von zwei Blickwinkeln
auf diese Tage in Jerusalem: anscheinend warten die Leute ziemlich dringend,
dass Jesus endlich groß auftritt
und dem religiösen Establishment die Leviten liest
und den römischen Besatzern gleich mit den Fehdehandschuh hinwirft.
Das wäre doch jetzt eine gute Gelegenheit, loszuschlagen.
Andere waren eher skeptisch: ob er das wagt? Doch wohl kaum.
Die wussten nämlich:

Die andere Seite, eben das Establishment scheint genau darauf zu warten
und es gleichzeitig zu befürchten.
Deswegen haben sie einen Fahndungsaufruf erlassen:
Wenn jemand weiß, wo dieser Jesus sich aufhält, soll er es melden.

Jesus selbst verweigert die Sensation – den einen wie den anderen.
Vorerst hat er sich in die Wüste zurückgezogen.
Das hat ihm nicht geholfen.
Als er dann doch in die Stadt kommt, eigentlich als Pilger,
da rennen sie ihm schon entgegen
und bereiten ihm einen fast schon triumphalen Einzug.
Dabei reitet der große Prophet auf einem kleinen Eselchen!

Nein, Jesus hat es niemandem recht gemacht in diesen Tagen:
dem Volk hat er von Gottes Liebe erzählt und sie zum Glauben eingeladen
statt zur Revolte.
Den Schergen hat er sich ausgeliefert, statt die Waffen zu erheben.

Und dabei sind die Thriller-Elemente verloren gegangen:
Es kam eine ganz gewöhnliche Anzeige, motiviert mit ein bisschen Schmiergeld.
Es folgte ein ganz normaler Justizmord und ein unspektakuläres Begräbnis.
Die Sensation, das Spannendste an der Jesus-Geschichte:
das kam, als die Bücher schon längst geschrieben zu sein schienen
und zugeklappt.
Aber diese Geschichte – der Maxi-Thriller von einem Toten,
der lebte und bis heute lebt:
Das wird dann nächste Woche erzählt, zu Ostern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26120
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