SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Dieser Mittwoch erinnert an zwei große europäische Heilige –
beide sind an einem einundzwanzigsten März gestorben,
Benedikt von Nursia 547 im Kloster Montecassino
und Nikolaus von Flüe fast tausend Jahre später, 1487, in seiner Einsiedelei.
Der eine, Benedikt, ein Mönch und Klostergründer,
hat eine Klosterregel verfasst, nach der viele tausend Brüder und Schwestern
überall in Europa gelebt haben und immer noch leben.
Unter dem Leitwort „Ora et labora“ beten und arbeiten sie
heute wie damals überall in Europa und sonstwo in der Welt.

Das Europa von heute ist sicher auch den Klöstern zu verdanken,
die Benedikt und seine Brüder gegründet haben –
oft genug in eher wilden und einsamen Gegenden
ziemlich offensiv da, wo es noch gar keine Christen gab
oder wo sie eher unerwünscht waren.
Immer haben die Klöster schnell auch wirtschaftliches Gewicht entwickelt,
ganze Städte sind um sie herum gewachsen.
Europa ist mitgeprägt auch von einer Kultur aus Mission und Gebet einerseits –
und aus Arbeit, Entwicklung, wirtschaftlichem Aufbau und Erfolg andererseits.
Ora et labora.

Nikolaus von Flüe war da ganz anders. Viel kleiner, anscheinend.
Einer, der einfach nur versucht hat, auf Gottes Berufung für ihn selbst zu hören.
Wie er das getan hat, ist aus heutiger Perspektive seltsam gewesen:
Da verlässt ein angesehener schweizerischer Bauer und Lokalpolitiker
und Vater von zehn Kindern die Familie,
als das jüngste gerade mal ein Jahr alt ist;
lebt fortan als Einsiedler nur noch von Fasten und Gebet.
Ganz in der Nähe der Familie, übrigens; da vertieft er sich in die Meditation.
Viele Menschen besuchen ihn, auch Politiker und Mächtige,
und fragen um Rat und bekommen den auch.
Man sagt, dass die Eidgenossenschaft beinah auseinandergefallen wäre, 1481;
erst in letzter Minute habe Nikolaus die Beratungen gerettet –
mit einem Hinweis oder einem Gedanken, der bis heute geheim geblieben ist.

Benedikt gilt heute als Patron von Europa –
jedenfalls einer von Europas Vätern ist er wohl wirklich gewesen.
Nikolaus von Flüe ist nur Landespatron der kleinen Schweiz.
Beide sind zu ihren Zeiten und bis heute eine Art Beweis dafür,
dass der christliche Glaube und das Gebet
wirklich die Welt prägen können
und sie verändern – und zwar durch konkrete Menschen
und ihre Konsequenz und ihre Hingabe an diese göttliche Kraft.

Karl Kardinal Lehmann, der heute in Mainz zu Grabe getragen wird,
hat von den beiden Heiligen etwas gehabt;
und jedenfalls die Kirche in Deutschland mit geprägt.
Und ein wenig auch das ganze Land und Europa mit ihm.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26117
weiterlesen...