SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Zeig Dich mit deiner Hoffnung.“ Die evangelische Kirche fordert dazu auf in der Fastenzeit. Eine schöne Herausforderung, aber auch keine einfache. Das habe ich erfahren müssen.

Zeig Dich. Ich möge mich nicht verstecken, sondern als Christ Gesicht zeigen. Hoffen können: was für eine menschliche Energiequelle. Es lässt über den Tag hinausschauen. Über den Tellerrand des eigenen Lebens. Was haben Menschen nicht alles bewegt, verändert, an Widerständen weggeräumt, wie viele Berge versetzt, weil sie Hoffnung hatten.

Zeige anderen, was Du hoffst. Wie gesagt, eine schöne Herausforderung. Aber dann kam die Probe in der Realität. Vor einigen Wochen bin ich einer Nachbarin begegnet. Sie kam grade aus dem Krankenhaus. Ihr Mann liegt dort. Schwer krank. Sie hat damals sehr gehofft, dass er wieder gesund wird und sie ihn bald wieder um sich haben kann. Eine Hoffnung, die jeden ihrer Gedanken bestimmt hat, jedes Gespräch, das sie mit ihm und den Ärzten geführt hat. Etwas anderes mochte sie nicht denken und konnte es nicht. Auch nicht, als sich der Zustand ihres Mannes zusehends verschlechtert hat.

Ein paar Tage später, als wir uns wieder gesehen haben, hat sie mir aufgeregt erzählt: die Ärzte reden auf einmal davon, dass es zu Ende gehen könne mit ihrem Mann. Dass seine Kräfte womöglich nicht mehr reichen könnten. Dass es aus Ärztesicht vielleicht sogar besser wäre für ihn, wenn er gehen könne. Aber davon wollte sie nichts hören, ihre Hoffnung aufgeben, nein.

Und ich? Ich möchte ihr gern zur Seite stehen. Ihre Hoffnung teilen. Mit ihr hoffen. Aber ich denke auch an ihren Mann, für den es womöglich besser wäre, gehen zu können. Damit sein Leiden ein Ende hat.

Auf einmal gerieten in mir das ‚Hoffen mit ihr‘ und ‚Hoffen für ihn‘ in Widerspruch zueinander. Ich habe im Gespräch mit ihr vorsichtig angedeutet, dass Christenmenschen doch auch Hoffnung haben können über den Tod hinaus. Aber von dieser Hoffnung will sie nichts hören. Davon reden, schon gar nicht. Anscheinend kommt es ihr so vor, als würde sie damit sein Ende mit verursachen.
Sie hofft fest darauf, dass er gesund wird. Es wäre ein medizinisches Wunder. Aber vielleicht hat sie Recht.

Ich nehme jedenfalls für mich aus dieser Erfahrungen mit ihr mit: Vielleicht ist so. Es gibt eine Zeit, ganz auf das Leben zu hoffen. Mit den Lebenden. Die Hoffnung über den Tod hinaus, die ich als Christ auch habe, die hat ihre Zeit dann. Davon kann ich dann reden, wenn es an dieser Zeit ist. So wird Hoffnung eine himmlische Kraft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26091
weiterlesen...