SWR2 Wort zum Tag

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Meine Mutter war Anfang der 60er Jahre Kindergärtnerin in einem katholischen Kindergarten. Als sie heiratete, musste sie ihren Beruf aufgeben. Verheiratete Frauen sollten Kinder kriegen, nicht arbeiten.

Unsere Nachbarin, sie ist vor kurzem in hohem Alter gestorben, wollte trotz Heirat arbeiten. 1953 war das aber nur möglich, wenn der Mann zustimmte. Sie hatte Pech. Ihr Mann wollte das nicht. Sein Argument: Er würde doch genug für sie beide verdienen. Es wäre nicht nötig, dass sie arbeitete. Nicht, dass die Leute denken würden, der Mann verdiente nicht genug. Und so blieb unsere Nachbarin zu Hause.

Zwei Schlaglichter, die für mich heute, am Internationale Frauentag, am Weltfrauentag, ein ganz persönliches Licht auf die Lage von Frauen im 20. Jahrhundert werfen. Sicher: Meine beiden Beispiele sind von gestern. Und das ist auch gut so. Frauen dürfen wählen, arbeiten, Kanzlerin werden oder Kinder erziehen. Doch zum einen machen meine beiden Frauengeschichten deutlich, dass das noch gar nicht so lange so normal ist, wie heute. Und zum anderen ist es so, dass immer noch weltweit Mädchen und Frauen diskriminiert werden. Mädchen und Frauen werden missbraucht, verkauft, an ihrem Körper verstümmelt, als Wertgegenstand und nicht als Person angesehen. Und trotz gleicher Arbeit nicht gleich entlohnt.

Auch die Katholische Kirche tut sich bis heute schwer mit Frauen. Lange herrschte das Bild der Frau als Hilfe des Mannes vor. Lange wurde Maria, die Mutter Jesu, als gehorsame und alles erduldende Frau verstanden – und galt als Ideal der christlichen Frau. Lange wurde die Frau auf ihre Rolle als Mutter festgelegt. Heute ist das zum Teil anders. Frauen haben auch die Kirchen erobert. Sitzen in Pfarrgemeinderäten oder arbeiten in wichtigen kirchlichen Positionen. Priester können sie allerdings in der Katholischen Kirche bis heute nicht werden. Bei diesem Amt ist Schluss mit der Gleichberechtigung.

Sicher: Frauen und Männer müssen nicht alles gleich machen. Aber Ungleichheit und Ungerechtigkeit herrscht immer noch im Verhältnis der Geschlechter. Deswegen brauchen wir – und das sage ich als Mann – auch im 21. Jahrhundert dringender denn je einen Frauentag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26045
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