Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wir wollten Wasser herbei schaffen, viel Wasser. Wir waren am Strand und alle um uns herum hatten Eimer, Schaufeln und was nicht alles: Aber meine Geschwister und ich hatten am ersten Tag am Strand noch gar nichts dabei, und wollten doch auch gerne unseren Graben mit Wasser füllen. Also taten wir unser Bestes – eine Rinne ziehen mit den Füssen, Wasser tragen mit Händen, so viel in eine Kinderhand hineinpasst. Es dauerte. Aber irgendwann kam tatsächlich etwas Wasser an. Der Graben füllte sich. Und wir hatten das Gefühl, es geschafft zu haben!

Ich musste daran denken, als eine Patientin zu mir sagte: „Ich bin jetzt so lange krank und habe das Gefühl, als würde ich Wasser mit einem Sieb schöpfen. Da kommt nichts mehr an.“

Ein schreckliches Gefühl. Da war so viel Geduld und guter Wille da und das viel beschworene positive Denken. Ja, und sogar Glauben. Und dann kommt wieder eine schlechte Nachricht. Und es dauert nochmals länger und nochmals. Ungewisse Zukunft und irgendwann fehlt die Kraft. Ich kann das gut verstehen - das Gefühl, als würde ich Wasser mit einem Sieb schöpfen.

Ich habe an den leeren Graben gedacht und daran, dass ich es damals alleine nie geschafft hätte. Es war kein blinder Optimismus, aber doch kindliche Hartnäckigkeit und das Gefühl, wir packen das zusammen. Nach vielen Fehlversuchen, nach vielen Enttäuschungen über das Wasser, das durch die Finger rinnt: Es hat sich doch noch gewendet, das Blatt. Aus dem Sieb wurde ein Gefäß, das nicht dicht war, aber doch dicht genug.

Und genau das wünsche ich der Patientin mit ihrer Erfahrung von Zerrinnen und Kräfteverschleiß. Dass es genug Hände gibt, die mit schöpfen. Andere, die immer wieder loslaufen und sich die noch so kleine Hand füllen lassen, hartnäckig, unbeirrbar. Dass sie sich nicht alleine fühlt, wenn sie betet und Kraft sucht.

Und dass sich das Blatt wendet. So wie es auch die Jahreslosung für 2018 uns allen in Aussicht stellt, wenn Gott spricht: „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ – und die hohle Hand hinhalten, das können wir alle.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26009
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