SWR2 Wort zum Tag

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Von dem amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright wird berichtet, er sei ohne Rückspiegel gefahren. Habe den Rückspiegel an seinem Auto einfach abmontiert. Als Zeichen und Ausdruck dafür, wie sehr er sich der Zukunft zugewandt fühlte.

In einem Artikel einer großen Tageszeitung fand ich diese Geschichte. Zusammen mit dem Hinweis, Frank Lloyd Wright habe unter anderem auch am heutigen Silicon Valley in Kalifornien mitgebaut. „Tal der Zukunft“ nennen manche diese Region südlich von San Francisco. Weil von dort Unternehmen wie Apple, Facebook oder Google mit großen Versprechen ihren globalen Siegeszug begonnen haben.

Gegenwärtig, so hieß es im selben Artikel, sei allerdings Ernüchterung eingetreten. Das Zukunftsversprechen, alles was aus dem „Tal der Zukunft“ komme, würde automatisch die Welt verbessern, habe, auch bei den Bewohnern selbst, Risse gekriegt. Der Glaube, man brauche für die Zukunft nicht mehr als ein Smartphone und eine Kreditkarte, habe sich als trügerisch herausgestellt.

Mich bringt diese Geschichte ins Nachdenken. Kein Wunder, denke ich, ohne Rückspiegel zu fahren, ist ja nicht nur im Straßenverkehr riskant. Im realen Leben ist es lebensgefährlich. Denn der Blick nach vorn kann ja den Blick zurück nicht ersetzen.
Menschen überfordern sich schnell, wenn sie meinen, sie müssten sich ständig neu erfinden. Sie könnten beiseiteschieben, was die Menschheit in einer langen Geschichte an Erfahrungen, an Kultur und Tradition gesammelt hat.

Denn wir Menschen verändern uns ja nicht in demselben Tempo wie die Technik das tut. Die Evolution schreitet langsam voran. Und trotz aller Fortschritte im digitalen Zeitalter - an den grundlegenden Problemen des Zusammenlebens hat sich wenig geändert.
Ein guter Rückspiegel hilft da schon, das Leben besser zu verstehen und zu meistern. Erfahrungen davon einzubringen, was frühere Generationen erlebt und erlitten haben. Und was ihnen weitergeholfen hat.

Ich finde übrigens, dass ein guter Rückspiegel Dankbarkeit ist. Sie bewahrt mich davor, mich selbst zu überschätzen. Und zu würdigen, welche Kräfte mir Menschen, die vor mir waren, für mein Leben mitgegeben haben.
Vergiss nicht, was Gott dir Gutes getan hat, heißt es in der Bibel an vielen Stellen. Diese Art von Rückspiegel halt ich für unverzichtbar. Gerade wenn ich im Leben nach vorne schauen will.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26004
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