SWR3 Gedanken

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Das Alter ist nichts für Feiglinge. Dafür braucht es schon eine Menge Mut. Und Zuversicht. Und manchmal wird es dann doch noch ein richtiges Abenteuer. So wie bei dem Mann, dessen Geschichte ich gelesen habe. Aus einer Kleinstadt irgendwo in Amerika. 66 Jahre war er verheiratet. Dann ist seine Frau gestorben, und plötzlich war er allein. Die Kinder – längst erwachsen und weit weg. Keine Enkelkinder. Ein riesiges Haus, in dem auf einmal fast völlige Stille herrscht. „Man kann sich einfach gar nicht vorstellen, wie das ist“, hat er gesagt, „du weinst einfach viel.“ Vor lauter Einsamkeit. Weil er seine Frau vermisst. Und weil seine Trauer so groß ist. Aber eines Tages hat er eine Idee. Eine verrückte Idee vielleicht. Aber er lässt sich nicht beirren. Und lässt einen Swimmingpool mitten in seinen Garten bauen. Einen richtig großen. Und dann lädt er die Nachbarschaft ein. Lädt sie ein, vorbeizukommen. Und zu planschen und zu schwimmen. Und sie kommen. Viele Kinder, große und kleine. Mit ihren Eltern. Und plötzlich ist der Garten und das Leben des Mannes erfüllt von Lachen und fröhlichem Kreischen. Von dem Plappern unzähliger Stimmen. Vorbei ist es mit der Stille! Der alte Mann sitzt etwas abseits in seinem Stuhl und genießt den Trubel. Und erst am Abend, wenn das letzte Kind gegangen ist, schwimmt er selbst die eine oder andere Runde in seinem Pool...

Mich hat diese Geschichte schwer beeindruckt. Das Alter ist nichts für Feiglinge. Wie wahr. Aber wie großartig, wenn jemand den Mut hat, auch mit 94 Jahren dem Alter und allem was es mit sich bringt, so zu begegnen. Mit Zuversicht. Mit Neugierde. Mit ein bisschen Verrücktheit. Das wünsche ich uns auch – damit wir einmal sagen können: Ich bin zwar alt, aber auch lebenssatt – und zufrieden.

 


 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25999
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