SWR3 Gedanken

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Das Leben ist ein beständiges Abschiednehmen. Hat die Schriftstellerin Ricarda Huch einmal gesagt. Und es stimmt, denke ich. Klar, wir verabschieden uns meistens mehrmals täglich. Von unserer Familie, von Freunden, Kollegen. Aber manche Abschiede gehen tiefer. 

 Wenn mein Kind das erste Mal ganz alleine von der Schule nach Hause kommt. Ich bin stolz und merke zugleich: Sie wird groß und selbstständig. Ein kleiner Abschied liegt in der Luft. Von dem kleinen Mädchen, das sie einmal war. Und dass am liebsten nur an meiner Hand laufen wollte. Oder meine Freundin. Die sich von ihrem Mann getrennt hat, nach vielen Jahren.  Und die geflucht hat weil sie nicht wusste, wohin mit dem Raclette Grill, dem guten Geschirr, den vielen Büchern. Eine neue Wohnung. Ein großer Abschied. 

Oder der Freund. Nach dem Tod seiner Mutter war er wie versteinert. „Ich wusste nicht mehr wie man weint“, hat er gesagt. Nicht nur ein Abschied. Ein Verlust. Schmerzhaft und quälend. 

Wir verabschieden uns von Menschen, von Situationen, von Dingen. Und manchmal ist es sogar gut zu gehen. Sich zu verabschieden. Loszulassen. Weil man merkt: Es ist Zeit neu anzufangen. Nach vorne zu schauen. Und trotzdem: Es gehört einiges dazu. Kraft. Und Mut. Und auch Vertrauen. Darauf, dass wir nach einem Abschied nicht allein sind. Dass es Menschen gibt, die uns weiterhin zur Seite stehen. Freunde. Familie. Und auch darauf, dass Gott uns stärkend begleitet. Alle Tage. Das Leben ist ein beständiges Abschiednehmen. Ja, das stimmt. Aber man kann auch sagen: Das Leben ist ein beständiger Neuanfang. Wie gut, wenn man das beim Abschiednehmen auch spürt. 

 
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