Manchmal sind es kleine Ereignisse, die unserem Leben eine Richtung geben. Und oft spielen dabei Menschen eine Rolle, die uns überraschen und für uns zu Helden werden.

Eine gute Freundin erzählt mir so eine Geschichte. Sie ist in der DDR groß geworden. Als Kind war sie eher schüchtern und ängstlich. In der 7. Klasse haben sie ein neues Fach bekommen: Staatsbürgerkunde. Das war neu und ungewohnt und der Lehrer streng.

Einmal hat er sie drangenommen und aufgefordert, das zusammenzufassen, was er gerade erklärt hatte. Völlig überrascht und beschämt ist sie aufgestanden und hat mit leiser Stimme vorgebracht, was sie behalten hatte. „Na, das hätten deine beiden älteren Brüder aber besser gemacht. Dafür bekommst du eine vier“, hat der Lehrer gedonnert. Da hat sie sich wieder hingesetzt: Mit rotem Kopf und wie betäubt.

Aber plötzlich ist einer ihrer Mitschüler aufgesprungen. Sie wusste nicht viel von ihm. Nur dass er zu den Christen gehörte. Und mit denen hatte sie eigentlich nichts zu tun. Mit fester Stimme hat dieser Junge dem Lehrer widersprochen:  „Die Note ist total ungerecht. Es war alles richtig und vollständig!“

„Das hat mich unheimlich beeindruckt“, erzählt meine Freundin. „Da setzt sich einer für mich ein, der überhaupt nichts mit mir zu tun hat. Es gehörte wirklich viel Mut dazu, diesem Lehrer zu widersprechen.“

„Das ist ja eine richtige Heldengeschichte…“ meine ich. Er hat dir nicht geholfen, weil er etwas von dir wollte, sondern einfach nur, weil er gesehen hat, dass da jemand ungerecht behandelt wird… Hast du dich je bei ihm bedankt?“

 „Ja“, meint sie, „aber erst viele Jahre später. Er konnte sich gar nicht mehr daran erinnern. Aber für mich ist es wichtig – bis heute. Das hab ich in mein Leben mitgenommen. Und wenn ich heute irgendwo sehe, wie jemand ungerecht behandelt wird, dann denke ich daran. Und dann versuche ich auch so mutig zu sein. So wie der Junge, damals im Staatsbürgerkundeunterricht.“