SWR2 Wort zum Tag

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Schwimmen ist für mich so etwas wie eine spirituelle Übung. Ein- bis zweimal in der Woche, je nachdem wie es mein Terminkalender zulässt, gehe ich dieser Übung nach. Der Anlass dazu war zunächst ganz profan. Während meiner Studentenzeit hatte mein WG-Mitbewohner damit angefangen und mich überredet, doch einmal mit zu gehen. Einfach so zum Ausgleich.

Am Anfang war es gar nicht so einfach. Ich hatte einiges zu lernen. Wie man beim Kraulen richtig im Wasser liegt, dass man den richtigen Bewegungsablauf für Arme und Beine findet, trotz der Anstrengung ruhig Atem schöpft, seine Kraft so einsetzt, dass man dennoch Energie spart. Ich habe gemerkt, es braucht Übung, um ein guter Schwimmer zu sein.

Das ist aber nicht alles. Mir wurde bewusst, dass da noch etwas ist, das allem Üben zu Grunde liegt, das Wichtigste, auf das es ankommt, bei allem Tun und Lassen: Dass ich mich vom Wasser tragen lasse. Im Laufe der Jahre, in denen ich nun schwimmen gehe, habe ich dies immer mehr gespürt.

Oft denke ich, mit dem Schwimmen ist es wie mit dem Glauben. Es braucht Vertrauen und Übung. Beides hatte ich zu Anfang nur in unzureichendem Maß. Aber im Laufe der Zeit ist es gewachsen. Im wiederkehrenden Tun und manchmal noch mehr im Lassen. Vor allem Letzteres musste ich üben.

Erst allmählich habe ich gelernt, auch immer wieder loszulassen und die Kraft des Wassers zu nutzen. Nicht mit jedem Zug nur vorwärts zu pflügen, und mich unter Umständen völlig zu verausgaben, sondern vor allem auch dahingleiten zu können, im Vertrauen darauf, vom Wasser getragen zu sein.

Wenn ich heute schwimmen gehe, lasse ich mir Zeit. Ich beginne zu kraulen, langsam aber stetig, bis ich meinen Rhythmus gefunden habe. Das kann an einem Tag schneller, an einem anderen Tag langsamer sein. Auf die Schnelligkeit kommt es mir nicht an. Aber auf einen stimmigen Ablauf der Bewegungen. Auf das Wahrnehmen des Wassers, meines Körpers und meiner Umgebung. Und dann ziehe ich meine Bahnen. Die Gedanken kommen dabei und gehen auch wieder, weil ich mich getragen weiß. Ich kann Dinge hinter mir lassen und werde offen für neues. Ich komme zur Ruhe, schöpfe neue Kraft.

So ist das Schwimmen für mich eine spirituelle Übung geworden, die ich nicht mehr missen möchte. Und welche alltägliche Übung haben Sie, die sie so üben könnten, dass für Sie etwas Ähnliches daraus werden könnte?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25907
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