Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Kommt Zeit, kommt Advent.
Aber jetzt haben wir erstmal November –
Und morgen ist Volkstrauertag.
Kann gut sein,
dass wir trotzdem heute überall schon über Weihnachtssingsang stolpern.
Vorsicht, Vorsicht!
Das haben die Leute scheinbar gar nicht gern,
dass jetzt erstmal noch nicht Weihnachten ist.
Diese öde Zeit davor,
die wird gar nicht gern genommen.
Das ist so eine merkwürdige Auszeit.
Und das Programm,
das jetzt abzuarbeiten ist,
bringt wenig Lustgewinn:
Volkstrauertag, Buß-und Bettag, Totensonntag,
das ist vielleicht ein Parcour der Peinlichkeiten,
wer will denn das schon begehen,
oder gar feiern?
Da macht man doch lieber einen Sprung
und bimmelt was das Zeug hält das Christkind herbei.
Wir mögen einfach keine Zwischenzeiten,
wollen nicht gern warten
lieber starten, ja durchstarten,
keine Pause ohne Sause!
Mit dem schrillen Klingelingeling,
das zu früh und zu laut und zu oft zu hören ist,
schlagen sie uns schon jetzt die Stille Nacht aus dem Kopf
bis wir besinnungslos sind.
Zwecklos scheinbar,
daran was ändern zu wollen.
Es sei denn: wir streiken!
Ja, wir streiken und nehmen einfach eine Auszeit vom Jubel und Trubel
und gehen tatsächlich nicht dahin,
wo sie uns gerne haben würden.
Sagen:
Kommt Zeit, kommt Advent!
Jetzt aber ist erstmal Zeit für eine Zwischenzeit,
in der wir uns sammeln und besinnen und zulassen,
dass Trauer und Tod
unser Thema werden,
Gesprächsthema am Küchentisch und im Wohnzimmer,
beim Spaziergang und im Treppenhaus.
Wir bestreiken das vorgezogene Eilen
und verweilen.
Wir bestreiten auch allen Ernstes,
dass es einfach immer nur so weiter gehen muss,
non Stopp,
von einem Gezappel zum Nächsten.
Es darf auch einmal eine Stille sein
wie sie uns nur im verschwebenden Schweigen des November angeboten wird.
Zwischenzeitlich leben,
ausklingen lassen,
was der November zum Thema macht:
dass wir nicht unsterblich sind,
nicht unendlich,
nicht ununterbrochen,
nicht unbeschwert immer,
nicht unschuldig jederzeit.
Wir lassen doch auch sonst nicht gerne was aus.
Warum nicht auch jetzt.
Auf den letzten Metern des November
wird’s noch mal ganz spannend.
Und wenn wir das verpassen,
versäumen wir womöglich die Dankbarkeit
über das Licht,
das dann kommt
- kommt Zeit,
kommt Advent.


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