SWR3 Gedanken

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„Ich bin einfach zu alt, um wählerisch zu sein.“ Frustriert lässt sich meine Freundin auf mein Sofa plumpsen. Gerade hat sie ein Date mit einem Mann hinter sich, der leider gar nicht ihr Typ war. Nach dem Ende einer langjährigen Beziehung ist sie wieder Single.

„Mit 42 bin ich doch nur zweite Wahl“, klagt sie. „Und mit zwei Kindern sowieso ein Mängelexemplar. Ausschussware. Da darf ich nicht mehr wählerisch sein. Ich nehm jetzt einfach den Nächstbesten, der sich mit mir zufrieden gibt.“

Uff. Das klingt nach enormer Frustration. Es macht mich traurig, meine Freundin so zu hören. „Zweite Wahl“, „Mängelexemplar“, „Ausschussware“. Das sind alles fürchterliche Begriffe, die so ganz und gar nicht zu ihr passen. Sie ist eine wunderbare, sehr aktive und gut aussehende Frau, die Leben und Job als Alleinerziehende mit Bravour meistert. Vor der Energie, die sie aufbringt und den Opfern, die sie bringt, um ihren Kindern und sich ein angenehmes Leben ermöglichen zu können, habe ich den größten Respekt. Der Mann, der mit ihr eine Beziehung eingeht, kann sich glücklich schätzen. Aber meine Meinung hilft gar nichts, wenn sie sich selbst so schlecht fühlt. Ich kann nur eins tun: Sie wieder aufbauen und ermutigen, nach dem richtigen Mann zu suchen.

Zu alt, um wählerisch zu sein? Was für ein Unsinn. Ein Mängelexemplar wegen Kindern? Ich würde Kinder eher als Bonus bezeichnen. Den Nächstbesten nehmen, der sich zufrieden gibt? Nein, nur den Allerbesten, den sie auch verdient.

Obwohl ich ihre Frustration verstehen kann, kann und will ich nicht akzeptieren, dass meine Freundin sich so sieht.

Denn jeder Mensch hat Liebe verdient und nicht nur einen Kompromiss. Jeder Mensch hat das Recht Liebe zu erwarten. Nur muss man halt oft darauf warten. Und meistens kommt die Liebe gerade dann, wenn man sie eben nicht erwartet.

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