SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Der 27. Januar erinnert Deutschland an die Opfer der Nazigewalt –
Holocaust-Gedenktag heißt er in der ganzen Welt.
Erinnert an Juden, Christen, Sinti und Roma,
an Menschen mit Behinderung, Homosexuellen, politisch Andersdenkende,
Männer und Frauen des Widerstandes,
Wissenschaftler, Künstler, Journalisten, Kriegsgefangene und Deserteure,
Greise und Kinder an der Front, Zwangsarbeiter
und an die Millionen Menschen,
im deutschen Angriffskrieg und
unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
verfolgt, gequält und ermordet wurden.

Schon die Aufzählung ist eigentlich unerträglich;
notwendig wäre ein genauer Blick.
Der richtet sich bei uns in Trier in diesem Jahr
auf die vielen Menschen mit Behinderungen,
für die die Nazis die „Euthanasie“ erfunden hatten
und die sie und ihre Schergen ermordet haben.

Gute Tötung – schon der Begriff ist wahnsinnig.
„Lebensunwertes Leben erlösen“ – so haben sie es wirklich genannt!
Abartige Sprache – niemand hat sterben wollen!
Diesen Ideologen ging es um eine angebliche
„Reinheit des deutschen Volkes“, um „Volksgesundheit“…
Viele tausend Menschen haben sie dafür ins Gas geschickt,
mit Giftspritzen oder anderen angeblich medizinischen Maßnahmen getötet
oder einfach verhungern lassen.

Der „Spiegelcontainer“ in Andernach am Rhein etwa erinnert an sie:
Ein Denkmal, gebaut ungefähr wie die Ladefläche von einem der Lastwagen,  
in denen die SS über fünfzehnhundert Menschen
allein aus der „Zwischenanstalt“ Andernach
zur Ermordung abtransportiert hat.
Ihre Namen sind innen auf Spiegel und Wände geschrieben;
wer sie liest, blickt zugleich in das eigene Gesicht.
Es waren nämlich einzelne Menschen mit Namen und Gesicht,
in den Tod geschickt, weil sie „anders als normal“ waren.
Platz wäre da noch für vierhundert weitere Namen;
viele von den Ermordeten sind unbekannt.

Gott sei Dank haben die Nazis das Euthanasie-Programm  gestoppt.
Nicht zuletzt, weil es öffentlichen Protest gab, auch aus der Kirche.
Auch daran darf heute erinnert werden.
Vor allem aber erinnert dieser Gedenktag daran,
dass das nie wieder vorkommen darf:
dass Menschen festlegen,
unter welchen Bedingungen welches Leben lebenswert ist
und was es unwert machen könnte.

Einfach weil jeder Mensch Gottes geliebtes Kind ist und bleibt.
Immer.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25769
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