SWR4 Abendgedanken

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Ist Franz von Assisi heute noch ein Vorbild? Nicht erst seit der jetzige Papst sich den Namen Franziskus gegeben hat und sich immer wieder auf ihn bezieht, ist er aktuell. Für mich als Schüler und für die Friedensbewegung der Achtziger,war der Mann aus Assisi faszinierend. So frei wie er war und so mutig.

Welche Heilige es gibt und warum sie etwas Besonderes sind, ist in der siebten Klasse im Reli-Unterricht Thema. Und einige Schüler haben sich dabei mit der Frage beschäftigt, ob Franziskus auch heute noch ein Vorbild ist. Ihre Antworten sind sehr aufschlussreich. Sie berühren oft etwas Grundsätzliches: Passt der christliche Glauben überhaupt noch in unsere Zeit? Hat er Menschen von heute etwas zu sagen? Oder ist das alles verstaubt und altbacken?

Der zwölfjährige Valentin zum Beispiel schreibt:

Ich finde, dass wir Franziskus in manchen Dingen als Vorbild nehmen sollten, zum Beispiel beim Thema Gleichberechtigung. Er hat jeden als Bruder oder Schwester angesehen, egal ob jung oder alt, Mensch oder Tier. Außerdem hat er sehr bescheiden und einfach gelebt, was uns bei der Umweltkrise ein Vorbild sein kann.

Für Valentin liegt es auf der Hand, den Lebensstil von Franziskus auf unsere Situation heute zu übertragen. Dass der Heilige vor 800 Jahren einfach gelebt hat, obwohl er aus einer reichen Familie kam, war auffällig. Er musste das nicht tun. Er hat aber ganz einfach gelebt, weil er gemerkt hat, dass das für ihn und die anderen, ja für die Welt überhaupt besser ist. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil: Das hat sich noch verstärkt. Wir werden den Klimawandel nur in den Griff kriegen, wenn wir auf manches verzichten: weniger Auto fahren, weniger Dinge produzieren.

In vielen Aussagen der Schüler wird aber auch klar, wie schwierig es ist, so zu leben wie Franziskus. Der Anspruch ist hoch.

Nick sagt dazu:

Seine Vorstellungen von einem idealen Leben sind nicht ohne weiteres so umsetzbar, das gilt zum Beispiel für Beschränkungen in sexuellen Beziehungen, Kleidung und Fortbewegung. (...) Für die moderne Allgemeinheit {dürfte das} zu hoch sein.

Nick und seine Mitschüler spüren ganz genau, wo das Heilige bei Franz von Assisi steckt. Es zeigt sich dort, wo er etwas tut, das unerwartet ist, das aufhorchen lässt. Das kommt von seiner ungewöhnlich tiefen Liebe. Sie zeigt sich an den Armen und Ausgestoßenen. Einen Leprakranken zu küssen, sich nackt auf den Marktplatz zu stellen, seine Eltern zu verlassen. Das ist provokativ und verlangt großen Mut. Heilige haben den. Und unsere Welt braucht ihn - nach wie vor.

Mich beeindruckt, wie die jungen Leute sich auf den heiligen Mann aus alter Zeit einlassen. Und wie genau sie spüren, worauf es bei ihm ankommt. Und das macht mir auch Mut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25760
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