SWR2 Wort zum Tag

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Ein ums andere Mal bin ich auf Kapellen gestoßen. Oder auf einen kleinen Bildstock. Beim Wandern. Im letzten Urlaub. Meist wird auf einer kleinen Infotafel berichtet, wer die Kapelle gestiftet und erbaut hat: Eine Bäuerin, deren Kind von einer schweren Krankheit geheilt worden ist. Ein Soldat, der einen schweren Krieg überlebt hat. Ein Fremder, den die Schönheit der Landschaft beeindruckt.

Voll Dankbarkeit stiften sie ein kleines Bauwerk, das ihren Dank öffentlich macht. Und hundert oder gar zweihundert Jahre später steht diese Kapelle immer noch. In den meisten Fällen liebevoll gepflegt von Menschen, denen die Botschaft dieses Bauwerks wichtig ist.

Heute werden nur noch selten neue Kapellen gebaut. Oder neue Bildstöcke aufgestellt. Heute gründen Menschen, wenn sie ein großes Vermögen haben, vielleicht eine Stiftung, um ihrem Dank Ausdruck zu geben. Oder sie spenden für einen guten Zweck. Anlässe, die mich dankbar sein lassen, gibt es zur Genüge. Auch heute. Ich muss diesen Dank auch nicht gleich durch den Bau einer Kapelle öffentlich machen. Wichtig ist, dass ich mir überhaupt bewusst bin, dass ich Grund zur Dankbarkeit habe.

Eine Idee hat mich dazu sehr beeindruckt. Eine Frau hat mir vor einiger Zeit erzählt, dass sie einen persönlichen Dankweg hat. Ein kleines Wegstück in ihrer Nähe. Und immer, wenn sie diesen Weg geht, denkt sie darüber nach, wofür sie Anlass zum Danken hat. Eine schöne Idee, finde ich. Es muss nicht einmal ein Weg sein. Es könnte ja auch eine Dank-Bank sein. Irgendwo in meiner Nähe. Immer wenn ich auf dieser Bank sitze, sinne ich darüber nach, was mein Leben reich macht.

In einer der Kapellen, die ich im Urlaub besucht habe,  sind an der hinteren Wand ganz viele Zettel angebracht, auf die Menschen den Anlass für ihren Dank geschrieben haben. In einer anderen liegt ein Buch aus, in dem Menschen ihren Dank schriftlich festhalten. Die Kapelle wird so zum Dank-Ort auch für andere Menschen. Nicht nur für die Stifter und Erbauer.

 „Der Dank ist ein Opfer, an dem Gott Gefallen hat. “ So heißt es in einem alten Psalm (Psalm 50,14). Wenn ich mich als dankbar erweise, ist das eine Art Bekenntnis, dass ich mich  ver-danke. Dass ich nicht selber die Quelle meines Glücks bin. Jede Kapelle, jede offene Kirche, regt mich an, dankbar zu sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25745
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