SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Der Kommissar“ mit Erik Ode – die erste Folge, die am 3. Januar 1969 ausgestrahlt wurde, durfte ich noch nicht sehen. Aber ab 1972 war ich jeden Freitagabend mit dabei. Die ganze Familie saß gebannt vor der Mattscheibe, während Erik Ode mit Zigarette im Mundwinkel, Fräulein Rehbein mit Cognacflasche im Büroschrank und Fritz Wepper als eifriger, aber manchmal etwas begriffsstutziger Kriminalhauptmeister Harry Klein, ihre Münchner Fälle lösten.

Erik Ode hatte etwas Pastorales, ein Beichtvater, der noch den hartgesottensten Mörder streng, aber irgendwie auch verständnisvoll nach sechzig Minuten zum Geständnis brachte. Manchmal seufzte er wie Jesus in den Evangelien über die unverständige Menschheit. Seine Assistenten, waren die Jüngerschar, die, ebenso wie die Gefolgsleute Jesu, oft genug nicht wussten, was ihr Chef oder die Situation von ihnen erwartete. Am Ende war - fast - alles gut.

Wenn man wissen will, wie die Gesellschaft Ende der sechziger Jahre aussah, dann muss man sich diese Filme ansehen. Emanzipation war ein Fremdwort, der Alkohol- und Zigarettenkonsum bedenklich. Inzwischen hat die Mode manches aus dieser Zeit wiederentdeckt, aber Frauen heißen nicht mehr Fräulein und Alkohol am Arbeitsplatz ist verpönt. Zeitlos aktuell finde ich aber tatsächlich diese Sehnsucht nach einer Welt, in der, irgendwann, alles wieder zurechtgerückt wird. Auch wenn viele Krimis inzwischen so düster sind, dass ihnen diese Hoffnung selbst unwahrscheinlich vorkommt. Leider ist es auch im wahren Leben selten so, dass nach sechzig Minuten alles klar und aufgelöst ist. Auch in diesem neuen Jahr wird es zahllose unbeantwortete Fragen geben und so manche Untat wird weder aufgeklärt und vielleicht auch gar nicht entdeckt werden.

„Erlöse uns von dem Bösen!“ – dieses Gebet ist mir wichtig. Erlöse uns von dem Bösen, auch von dem Bösen in uns selbst! Die Täter und Täterinnen in den Krimis mit Erik Ode waren oft ganz normale Menschen, die ein widriges Schicksal zur Tat gedrängt hatte. „Das könnte auch mir passieren“, dachten die Zuschauer, und im Grunde ist das eine sehr tiefe theologische Erkenntnis, dass nämlich kein Mensch ohne Sünde ist und wir alle gefährdete Geschöpfe sind. Insofern war der Freitagabend mit dem Kommissar eine säkulare Predigt und eine Lehrstunde in Sachen Theologie. Inklusive Erlöser, nur dass der eben Erik Ode hieß. Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir in diesem Jahr im Wesentlichen vom Bösen verschont bleiben. Eines darf das Neue Jahr in Reminiszenz an den Kommissar aber gerne sein: Spannend!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25641
weiterlesen...