SWR3 Gedanken

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Mo möchte mit dem Islam nichts mehr zu tun haben. Deshalb nennt er sich auch nicht mehr Mohammad, sondern eben Mo. Warum? Er zieht sein Sweatshirt hoch und zeigt die Narben. Die hat er sich in seiner iranischen Heimatstadt eingehandelt, als er abends unterwegs war. Ein Trupp Glaubenswächter hat ihm eine Abreibung verpasst, weil er zu westlich gelebt hat: er liebt Breakdance und Boxen und läuft Parkour.

Jetzt lebt Mo in Hamburg. Dort arbeitet auch Pfarrer Moses, ein syrischer Christ. Er erinnert sich an die Flugblätter, die über Mossul abgeworfen wurden: „Flieht, ohne Gepäck“, hieß es da, „nur mit der Kleidung am Leib. Sonst könnt ihr wählen: den Islam annehmen, eine Sondersteuer zahlen, oder mit dem Schwert hingerichtet werden.“

Das ist heftig. Und es ist keinesfalls weit weg, denn viele der Opfer leben inzwischen hier. Und deshalb ist der heutige Gedenktag so aktuell und wichtig. Der zweite Weihnachtstag ist auch Stephanustag. Stephanus war der erste Christ, der verfolgt und getötet wurde. Keine zehn Jahre nachdem Jesus gestorben war, wurde Stephanus gesteinigt. Deshalb beten die beiden großen Kirchen am zweiten Weihnachtsfeiertag für alle Christen, die verfolgt werden. Dabei beten sie nicht exklusiv für die Christen, sondern beispielhaft. Genauso werden alle ins Gebet eingeschlossen, die irgendwo wegen ihrer Religion verfolgt werden.

Die Christen, die bei Pfarrer Moses in Hamburg landen, wurden fast alle verfolgt. Ibrahims Familie ist hierher geflohen, als die ersten Verwandten ermordet wurden. Wassim wurde erst in Deutschland in der Erstaufnahme bedrängt. Für Pfarrer Moses ist deshalb fast jeder Tag ein Stephanustag. Er sagt: „Wassim, Ibrahim, Mo – und all die anderen, die verfolgt werden, die Schlimmes mitgemacht haben und hier Hilfe suchen: jeder von ihnen ist ein Stephanus.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25631
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