Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Am Anfang von irgendetwas ganz Neuem stehen oft recht seltsame, um nicht zu sagen extreme Gestalten. Johannes der Täufer in der Bibel war so einer. Er lebte in einer extremen Gegend, einer Wüste und zog sich seltsam an. Und wer sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt, der muss schon ziemlich verschroben sein. Dieser Johannes, der auf alle Errungenschaften der Zivilisation verzichtet und von der Hand in den Mund in der Wüste lebt, steht für etwas ganz Neues. Und setzt deshalb in den Advent ein starkes Signal. Nämlich Reduktion auf das Wesentliche. Er redet den Leuten ins Gewissen. Seine Botschaft heißt: Umkehr, neu anfangen. Und alles was er dafür braucht ist Wasser. Damit tauft er die, die zu ihm kommen. Und seltsam: diese Botschaft funktioniert. „Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus…“ heißt es in der Bibel.  Johannes hätte sich also in seinem Erfolg sonnen können und sich wie moderne Gurus auch irgendwann im Bentley zu seiner Villa fahren lassen können. Tut er aber nicht. Johannes macht etwas ganz Verrücktes. Er macht sich ganz bewusst klein. Er sagt, seine Taufe mit Wasser sei ja nur ein Abklatsch von dem, was da noch kommt. Da wird einer kommen, der wird mit Feuer und Geist taufen und damit wirklich etwas Neues schaffen.  Johannes ist zu seiner Zeit ein Superstar, aber er ist bereit, alles aufzugeben. Er hat seine erfolgreiche Wassertaufe, sagt aber, dass die nicht zählt. Von Jesus sagt er einmal:  „Jener muss wachsen, ich aber abnehmen“ (Joh3,30). Johannes der Täufer kann so etwas sagen. Denn er hat sich frei gemacht, hat los gelassen, auch von seinem eigenen Ego. Er ist leer geworden, auch das wird mit dem Bild vom Leben in der Wüste ausgedrückt. Reduktion auf das Wesentliche eben. Und in dieser Leere ist Platz für Gott.  So ein Leerwerden fällt keinem in den Schoß, so eine Demut kommt nicht von selbst. Es ist das Endprodukt von tausend Augenblicken des Loslassens. Die haben es Johannes dem Täufer ermöglicht, Gott Schritt für Schritt in sein Leben hinein zu lassen. „Bereitet dem Herrn den Weg!“ Das ist die Kurzfassung. Man kann damit anfangen - auch wenn der Advent schon fast zu Ende ist.

 


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