SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Gott riecht nach Zimt – doch wirklich. Das ist mir neulich klargeworden. Wir hatten Adventsfeier in der Grundschule und eine Lehrerin hat erzählt, dass Gott einfach überall ist. Und dann haben wir diese Übung gemacht: Wir sollten uns ganz bewusst vorstellen, dass Gott überall ist. Auch in jedem Atemzug. Und dann tief Luft holen.

Weil es nach der Feier Plätzchen gab, roch es natürlich nach Zimt. Deshalb: Gott riecht nach Zimt.
Zuerst musste ich über diese Übung ein bisschen schmunzeln. Je länger ich aber darüber nachgedacht habe, desto schöner fand ich diese Vorstellung. Gott ist einfach überall. Er füllt jeden Raum, wie der Duft beim Plätzchenbacken das ganze Haus füllt.

Er riecht auch nach Kuhmist. Wie damals in dem Stall von Bethlehem. Nach Abgasen auf den Straßen, wo viele Menschen in den nächsten Tagen nach Hause zu ihren Familien fahren. Er riecht auch nach Verzweiflung, Wut und Trauer. In den Kriegsgebieten auf dieser Welt, in den Krankenhäusern, an Sterbebetten.

In einem alten Gebet in der Bibel heißt es: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Wohin könnte ich gehen vor deinem Geist, wohin fliehen vor deiner Gegenwart? Würde ich in den Himmel steigen: Du bist dort. Würde ich mich in der Unterwelt verstecken: Du bist auch da. Würde ich hoch fliegen, wo das Morgenrot leuchtet, mich niederlassen, wo die Sonne im Meer versinkt: Selbst dort nimmst du mich an die Hand und legst deinen starken Arm um mich.“

Mit jedem Atemzug ist Gott da. In jedem Atemzug ist Gott da. Das ist für den Menschen, der dieses Gebet geschrieben hat ganz klar. Und er fühlt sich kein bisschen unwohl bei dem Gedanken. Anders als ich. Denn so ein bisschen beobachtet fühle ich mich da schon. Gott ist einfach überall. Er kennt mich. Weiß, wie und was ich bin. Kennt auch die Seiten von mir, die ich eigentlich lieber verstecken würde.

Aber er will mich ja nicht kontrollieren. Gott nimmt mich an der Hand, wenn ich allein nicht weiter komme. Er legt seinen Arm um mich, wenn ich mich allein fühle. Auch bei den Menschen, die sonst kaum noch etwas erreicht:  Keine Hilfe, keine Spendenaktion, keine Worte, keine Begegnung. Dass auch sie Gottes Nähe spüren können: darauf hoffe ich. Deshalb: Schnuppern Sie doch mal. Wonach riecht Gott für Sie?


 
https://www.kirche-im-swr.de/?m=25570
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