SWR3 Gedanken

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“Wenn ich das damals gewusst hätte, was dieser Wechsel bedeutet, dann hätte ich das wahrscheinlich nicht gemacht. Ich weiß auch gar nicht, wie ich das alles geschafft habe.” Meine Freundin Tina sagt das. Wir sitzen beim Kaffee und sie erzählt von den letzten Monaten. Tina hat ihren Job gekündigt und sich selbständig gemacht. Als Künstlerin. Ein großer Schritt. Mutig und auch anstrengend.

Manchmal ist es gut, dass wir nicht wissen, was genau uns erwartet. Denn dann würde uns vielleicht der Mut verlassen. Wie bei der Geburt eines Kindes. Wenn man vorher schon genau wüsste, was da alles auf einen zukommt – wer würde sich da noch trauen? Aber wenn dann alles gut geht. Die Schwangerschaft überstanden ist und die Schmerzen der Geburt, dann gibt es immer wieder Momente des Glücks, die einen für die Sorgen und Strapazen entschädigen.

Als unsere Tochter damals geboren war, wollte und wollte sie abends nicht einschlafen. Und ich habe mit ihr auf dem Arm Rillen in den Fußboden im Wohnzimmer gelaufen. Nacht um Nacht. Bis ich eines Nachts nicht mehr konnte. Ich habe mich auf den Sessel gesetzt und habe vor Erschöpfung angefangen zu weinen. Und wie ich da so saß, merkte ich, wie unsere Tochter immer ruhiger wurde. Es fühlte sich an, als würde sie mir tröstend mit ihrem Händchen auf die Schulter klopfen. Und als ich sie anschaute, guckte Sie mich mit großen Augen an.

Gut, dass ich nicht in die Zukunft schauen konnte. Vielleicht wäre mir dann dieser Blick durch die Lappen gegangen. Tina findet das auch. Wenn sie heute zurück schaut ist sie ganz froh, dass sie sich damals getraut hat. Ohne zu wissen, was genau kommt. Das Glück das dann kam, will sie heute nicht mehr missen. 

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