Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ich mag meine Stadt im Advent. Vor allem den Mainzer Weihnachtsmarkt. Im Herzen der Altstadt, im Schatten des Doms, die Buden stehen unter einem Lichterzelt, dazu die Gerüche, die Musik, die vielen Menschen. Man trifft sich, trinkt, isst, schaut, schlendert. Redet miteinander, lacht, singt, bewundert die Krippe.

Doch mittlerweile gehört noch etwas anderes dazu. Am Eingang zum Weihnachtsmarkt stehen große Betonquader. Mit einer Verkleidung drum herum, dass sie nicht so auffallen. Und über den Markt patrouillieren Polizistinnen und Polizisten mit Schutzwesten und Maschinenpistolen.

Es ist eine Erinnerung daran, dass das Zusammenleben von Menschen gefährdet ist und geschützt werden muss. Wir leben in einer Welt, in der es Terror und Gewalt gibt. Das ist nichts wirklich Neues: Das ist die Welt, in die schon Jesus hineingeboren wurde. Und kaum auf der Welt, haben er und seine Eltern damals Gewalt am eigenen Leib erfahren: das Neugeborene muss vor Mordbanden geschützt werden und entkommt nur knapp. Weltweit ist das bis heute Alltag.

Wir brauchen den Schutz unserer Gesellschaft und unserer Weihnachtsmärkte. Es wäre leichtsinnig, darauf zu verzichten. Aber zugleich wissen wir genau: das ist nur ein äußerer Schutz. Der hat immer Lücken. Wir können unser Land nicht in eine einzige Hochsicherheitszone verwandeln. Ein „Risiko“ besteht immer. Wenn der äußerliche Schutz nicht alles sein soll, dann braucht es eine innere Stärke und Festigkeit. Nein, keinen Panzer, sondern das Vertrauen, dass Gott es gut mit uns meint und die Menschen nicht allein lässt. Dann kann Friede in unsere Herzen einziehen, denn in den Herzen fängt er an.

Und dann kann es so richtig abgehen auf dem Weihnachtsmarkt und der Friede macht sich breit. Springt über von einem zum anderen Menschen, macht Station am Glühweinstand, fährt eine Runde Karussell, kauft ein paar Lebkuchen, dankt den Polizistinnen und Polizisten. Und wenn die Menschen dann in Frieden nach Hause gehen, an den Betonsperren vorbei, dann mit der Gewissheit: Gott verspricht Frieden für die ganze Welt und alle Menschen. Deshalb nehme ich die Betonsperren hin, aber ich werde mich niemals mit ihnen abfinden.

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