SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ein marodes Holzboot. Irgendwo draußen auf dem Mittelmeer. Das Boot ist alt, und eigentlich nicht mehr seetüchtig. Wenn die Wellen gegen die Planken schlagen, knackt das Holz. Wie eine Nussschale schlingert das Boot durchs Wasser. Viel zu viele Menschen sind an Bord.  Das Holzboot droht jeden Moment unterzugehen. Obwohl voller Menschen, ist es beinahe totenstill. Vor Angst sind die Menschen wie erstarrt. Plötzlich ein Geräusch. Erst ein schmerzerfülltes Stöhnen. Ein leises Wimmern. Und dann: Ein Schrei. Immer lauter. Durchdringend. Voller Leben. Mitten in der größten Seenot wird ein Kind geboren. Als die Retter das Boot erreichen, sind beide, Mutter und Kind, noch durch die Nabelschnur verbunden. Einer der Helfer, so berichten es die Zeitungen später, fragt sich völlig schockiert: Wie groß muss die Not der Frau gewesen sein, dass sie so kurz vor der Geburt auf ein marodes Holzboot steigt?

Diese Geschichte hat mich lange beschäftigt. Noch ist zwar nicht Weihnachten. Aber für mich ist sie eine Weihnachtsgeschichte. Denn der, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern, ist auch in Armut und Not hineingeboren worden. In einem zugigen Stall weit weg der Heimat. Mit der Geburt Jesu sollte aller Welt verkündet werden: Gott ist da. Mitten in der größten Not und Gefahr. In Angst und Verzweiflung leuchtet etwas auf, entsteht trotz allem neues Leben. Damals im Stall und heute auf der Flucht, auf dem Meer. Und nicht nur an Weihnachten.
„Fürchtet Euch nicht! Haben die Engel damals gesungen. Fürchtet euch nicht. Denn Euch ist heute ein Kind geboren...“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25479
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