SWR3 Gedanken

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»Es begab sich aber zu der Zeit...« IV
Joseph schrickt nachts auf: „Flieh!“ Woher diese fremde Stimme? War’s ein Alptraum? Der Mann achtet auf seine Träume. Und Maria, Joseph und Jesus fliehen nachts nach Ägypten.
Eine kleine Familie auf der Flucht wie so viele Menschen zurzeit. Auf der Flucht vor Bürgerkrieg, Milizen, wie vor den berittenen Janjaweed im Sudan. Die biblischen Weihnachtsgeschichten erzählen ziemlich deutlich, wie Gott Mensch wird: als Flüchtlingskind. Wie er Schutz braucht. Und Asyl. Angewiesen auf Menschlichkeit, schwach, waffenlos, wehrlos.
Das gehört zur Weihnachtsgeschichte! Erzählt aus der Sicht der kleinen Leute. Die ganz unten sind. Weil dort Gott ankommt. Unten, nicht oben. Bei Matthäus wollen die drei Weisen aus dem Morgenland dem neugeborenen König in Israel huldigen. Aber zunächst Fehlanzeige: Sie suchen bei der falschen Adresse, König Herodes. Ein Baulöwe, ein Machtmensch mit Verfolgungswahn, voller Misstrauen. Immer auf der Hut vor potentiellen Nachfolgern. Deshalb hat er schon eine Reihe seiner Söhne umbringen lassen.
„Was, ein neuer König? Nein, hier in Jerusalem ist kein Nachfolger designiert, niemand neu inthronisiert.“ Herodes horcht sie aus: „Ah, neugeboren soll er sein, ein Kind. Und das steht am Himmel? Faszinierend. Wie diese Prophezeiung der Heiligen Schrift, interessant!“
Sie sollen doch schon mal vorausgehen, nach Bethlehem, wiederkommen und ihm berichten. Er wolle dann das Kind auch entsprechend – würdigen. Herodes wird wenig später alle kleinen Buben in Bethlehem umbringen lassen, von seinen berittenen Soldaten. Ein Massaker, typisch für einen Gewaltmenschen.
Die Weihnachtsgeschichten sind erzählt aus der Sicht der kleinen Leute. Für Menschen ganz unten liegt da etwas Tröstliches: „Gott versteht uns, versteht unsre Situation. Gott kennt das alles aus eigener Erfahrung – so zu sagen.“
Heute startet der Kinofilm mit diesem eingängigen Titel »Es begab sich aber zu der Zeit...« und erzählt ziemlich getreu vom Alltag der einfachen Leute damals, von den Mächtigen und ihrer Brutalität. Und von diesem Flüchtlingsschicksal Jesu. Schon erstaunlich, wie aus den alten Weihnachtsgeschichten trotz all der Überzuckerung und trotz allen Spotts und Satiren, immer wieder diese Wahrheit aufblitzt. Wie ein Stern in der Nacht.
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