Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Das Gesetz ist für den Menschen da und nicht der Mensch für das Gesetz.“ Das hat Jesus gesagt und sich damit jede Menge Ärger eingehandelt. Denn Gesetz, also eine Ordnung ist nun mal nötig. Wo kämen wir hin, wenn jeder einfach die Ordnung außer Kraft setzen würde, nur weil er meint, das wäre jetzt für den Menschen besser so.
Jesus ging es aber nicht darum, etwa die Straßenverkehrsordnung außer Kraft zu setzen. Er will uns mit diesem Satz anregen, den Sinn der Regeln zu verstehen und sie mit Menschlichkeit zu füllen.

So was habe ich vor kurzem beim Autofahren erlebt. Ich fuhr eine enge Straße entlang, in der man immer wieder abstoppen muss, weil von rechts mehrere Straßen einmünden. Ja, und an einer Stelle war ich schlicht zu schnell zum Abstoppen. Von rechts kam auch ein Auto. Aber der Fahrer muss geahnt haben, dass ich zu schnell bin, jedenfalls blieb er trotz Vorfahrt stehen.
Ich rollte vorbei, gestikulierte ein „tut mir wirklich sehr leid“ hinüber. Der Fahrer lächelte, winkte freundlich zurück und gab mir offiziell die Vorfahrt.
„Was für ein netter Mensch!“ dachte ich und schaute in den Rückspiegel. Da sah ich, wie er fröhlich scherzte, das Handy am Ohr.

Ups! Der nimmt es wirklich nicht so ernst mit den Verkehrsregeln, dachte ich und musste lachen.
Könnte Jesus das gemeint haben mit dem Gesetz, das für die Menschen da ist?

Natürlich kann man daraus keine Regel machen. Das Ganze lebt vom Augenblick. Klar waren das gleich zwei Verkehrswidrigkeiten. Aber statt einander vorzuführen, kann man auch aufeinander aufpassen und dafür sorgen, dass nichts passiert. Bei all den Regeln und Ordnungen darf man nicht den Blick für den Menschen verlieren, mit dem man es grade zu tun hat.
Viel wichtiger aber, als alles richtig zu machen ist, es für die Menschen gut zu machen.

Und der Fahrer mit dem Handy am Ohr hat es gut gemacht. Für sich und für mich. Er war achtsam und hat dafür gesorgt, dass nichts passiert. Für einen Moment hatte die Straßenverkehrsordnung ein freundliches, ein menschliches Gesicht. Und es hat Spaß gemacht, miteinander unterwegs zu sein.


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