SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wenn ich mit Freunden oder Bekannten über das Thema Glaube und Religion spreche, kommt manchmal die Frage auf: „Glaubst Du eigentlich wirklich daran, dass Du beim Beten eine Bitte formulierst und Gott das dann hört? Und dass er dann auch auf Deine Bitte eingeht, sie vielleicht sogar erhört?“. Es fällt mir dann schwer, eine kurze Antwort zu geben denn dieses Problem, diese Frage gehört zu dem kniffligsten, was gläubige Menschen für sich selbst zu beantworten haben. Früher, im Kinderglauben, war das vielleicht keine schwierige Frage. Innerhalb einer einfachen, Art von Frömmigkeit mag sie auch für manche Erwachsene nicht kompliziert sein. Aber wenn ich mit dem eigenen Verstand redlich an die Sache rangehen will, dann wird es ganz schön kompliziert, darauf eine sinnvolle Antwort zu geben.

Für mich ist zunächst einmal wichtig, dass ich überhaupt meine Fragen und Bitten bei Gott loswerden kann, selbst wenn ich nicht weiß, ob und wie er sie erhören will oder kann. Die ‚Übung‘ des Bittgebets erinnert mich daran, dass ich nicht alles selbst machen kann und meine menschlichen Möglichkeiten sehr endlich sind. Ich darf etwas loslassen von dem, was mich beschäftigt; aus der Hand geben, was mich bedrückt.

„Dein Wille Geschehe“ – die dritte Bitte im Vater Unser drückt dies aus. So häufig gehört und gesagt – eigentlich ist dieser Satz wirklich nichts Neues oder Besonderes. Und doch berührt er mich immer wieder, auch wenn ich ihn noch so oft spreche. Für mich gehört es zum Tröstlichsten, was unser christlicher Glaube bereithält, das sagen zu können.

Kritische Stimmen werden einwenden, dass ich mich damit ver-tröste und den eigenen Willen gewissermaßen an der Kirchentür abgebe. Dass ich mir einrede, die Verantwortung damit abtreten zu können statt selbst zu entscheiden und dafür einzustehen. Mir ist die Gefahr bewusst, dass ich mich damit selbst manipulieren kann und negativ gewendet kann das auch die Kehrseite von Religion sein. Meine positive Erfahrung ist aber, dass ich nicht verzweifeln muss, wenn ich eine Situation nicht in der Hand habe. Das gilt besonders dann, wenn es sehr schwierig wird im Leben – etwa wenn die Gefahr droht, einen lieben Menschen an Krankheit und Tod zu verlieren oder eine tragende Beziehung droht, in die Brüche zu gehen. Wenn ich alles mir mögliche getan habe, habe ich es als sehr heilsam erlebt, in solchen Nöten den Rest in Gottes Hände legen  und sagen zu können:

Dein Wille geschehe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25370
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