Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Besuch zum Abendessen, danach setzten wir uns noch ins Wohnzimmer. Als ich mit einer neuen Flasche Wein aus der Küche zurückkam, fand ich die beiden knutschend auf dem Sofa. Das ist ja eigentlich nichts Besonderes, aber es ist mir nach fast 40 Jahren immer noch im Gedächtnis. Es waren nämlich zwei Männer, die sich da auf meinem Sofa küssten, und dieser Anblick war mir damals fremd.

Deshalb sehe ich auch das Sofa und die beiden noch genau vor mir, wie sie sich dann wieder ordentlich nebeneinander setzten und mich etwas verlegen angrinsten. Sie haben mir erzählt, wie sie sich kennen gelernt haben und wie sie ihr weiteres Leben zusammen verbringen wollten. Beide mochten Hunde, sie fuhren lieber an die See in Urlaub als in die Berge, beide legten Wert auf schicke Klamotten und kochten gern. Sie sind in ein gemeinsames Haus gezogen und gingen jeder seiner Arbeit nach.  Eigene Kinder waren kein Thema für sie; sie hatten Geschwister und waren gern mit den Nichten und Neffen zusammen. Später bekam Paul eine Krebserkrankung. Als das überstanden war, entwickelte Peter eine Depression. Das war noch viel schwieriger, aber sie bekamen es in den Griff. Und wenn ich sie fragte, was in der Krankheit am besten geholfen hätte, dann waren sie sich einig: „dass Peter da war“ -  „dass Paul mich nicht im Stich gelassen hat und nie den Mut verlor“.

Seit dem 1. Oktober in diesem Jahr dürften sie sogar heiraten, das ist ja jetzt gesetzlich erlaubt und viele Menschen haben lange darauf gewartet. Für Peter und Paul ist es kein Thema. Sie sind schon so lange ein Paar, da käme heiraten ihnen komisch vor.

Was ist es, was sie in guten und schlechten Tagen, in Gesundheit und Krankheit zusammen gehalten hat?

Ich glaube, es ist Liebe.

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